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TreasuryLog I n f o r m a t i o n e n f ü r T r e a s u r e r u n d F i n a n z v e r a n t w o r t l i c h e , s e i t 1 9 9 2 h e r a u s g e g e b e n v o n S L G T r e a s u r y 3/2025 Finance Forward – Wie Treasury heute strategische Weichen für morgen stellt 4 Auf eigenen Beinen – Die Bedeutung einer soliden Liquiditätsplanung nach dem Carve-out SLG durfte Innomotics beim Aufbau einer eigenständigen Treasury-Abteilung unterstützen. 14 Der Weg zur Treasury-DNA Wertvolle Learnings aus der Treasury-Umstrukturierung bei der KiK Textilien und Non-Food GmbH. 17 Wie lange reicht das Geld noch? Worauf bei der Liquiditätsreserve in einem brisanten Marktumfeld zu achten ist. 29 Verification of Payee – zwischen regulatorischer Pflicht und praktischer Schwäche Aktuelles zur Empfängerüberprüfung für SEPA-Überweisungen und SEPA-Echt- zeit-Überweisungenen. Retouren an SLG Treasury GmbH, Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße 3, 1100 Wien, Erscheinungsort Wien, P. b. b., EUR 7,– / CHF 11,– Erscheinungsdatum 10. September 2025, 32. Jahrgang, Zulassungsnummer 02Z034304
Editorial Liebe Leserinnen und Leser, seit mehr als 20 Jahren analysieren wir, wie börsennotierte Unternehmen im DACH-Raum über ihr Finanzrisiko-Management berichten. In unserer jüngsten Ausgabe dieser Geschäftsberichtsstudie wurden 114 Unterneh- men aus DAX, MDAX, ATX und SMI unter die Lupe genommen, wobei deutli- che qualitative Unterschiede in der Kommunikation nach außen festge- stellt wurden. Während die aktive Steuerung bestehender finanzieller Risi- ken in aller Regel stattfindet, mangelt es zum Teil an Transparenz in der Berichterstattung. Nicht allzu transparent verlief bislang auch die Einführung der Empfänger- überprüfung für SEPA-Überweisungen und SEPA-Echtzeit-Überweisungen („Verification of Payee“). Obwohl diese gesetzlich vorgeschriebene Maßnah- me bereits ab dem 9. Oktober umgesetzt sein soll, bestehen nach wie vor Unsicherheiten bezüglich der konkreten Implementierung, was eine ange- messene Vorbereitung zur Herausforderung macht. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, haben wir einen kompakten Überblick zu bankseitigen Umsetzungsdetails zusammengestellt. Damit wir Ihnen wertvolle Informationen aus erster Hand zur Verfügung stel- len können, haben wir von SLG in der Vorbereitung dieser Ausgabe das eine oder andere Experteninterview geführt. Darunter mit Gemma Lawrence-Par- dew, Leiterin des Bereichs Nachhaltigkeit bei der Loan Market Association (LMA) in London. Sie hat uns im Gespräch von den aktuellen Entwicklungen am Markt für nachhaltige Finanzierung berichtet und diese für uns interpre- tiert. Ein anderes Interview hat uns nach Bönen in Nordrhein-Westfalen zum dort ansässigen Handelsunternehmen KiK Textilien und Non-Food GmbH geführt. Treasury-Leiter, Vassilios Stamatopoulos, gewährte uns Einblicke in sein Pro- jekt zur Professionalisierung des Treasury in einem expandierenden Unter- nehmen und die „Lessons learned“, die er daraus für sich verbuchen konnte. Weitere Artikel in dieser Ausgabe beschäftigen sich unter anderem mit der Automatisierung des Treasury-Reportings, mit den potenziellen Auswir- kungen einer SAP-Transformation auf S/4HANA auf die Treasury-System- landschaft oder mit der Bedeutung und Wirkung von Diversifikation im As- set-Management in Krisensituationen. Ein Comeback feierte das Thema Liquidität nach Ende der Niedrigzins- phase. Nicht zuletzt haben medial präsente Unternehmensinsolvenzen das Bewusstsein für die Relevanz von Liquidität deutlich gestärkt. Wie sich die Definition einer passenden Liquiditätsreserve aus dem Risikokreislauf ab- leitet und was im Ernstfall mangelnder Liquidität zu tun ist, erfahren Sie im Blattinneren. Ich hoffe, dass die Informationen aus dem einen oder anderen Beitrag von Nutzen für Sie sind und Ihren Arbeitsalltag erleichtern. Gleichzeitig freue ich mich auf jede Art von Feedback von Ihrer Seite und wünsche Ihnen eine informative Lektüre. Ihr Philip Tüttö Inhalt 4 Auf eigenen Beinen – Die Bedeutung einer soliden Liquiditätsplanung nach dem Carve-out SLG durfte Innomotics beim Aufbau einer eigenständigen Treasury-Abteilung unter- stützen. 8 Roadmap für die Treasury-Systemland- schaft Im Interview berichtet Renate Dietl, Vice President Corporate Finance bei Greiner, von Lessons learned und gibt Ratschläge für die Evaluierung. 11 Unternehmen weiterhin vorsichtig – Risikokommunikation ausbaubar Wir haben die Finanzrisiko-Management- Berichte börsennotierter Unternehmen analysiert. 14 Der Weg zur Treasury-DNA Wertvolle Learnings aus der Treasury- Umstrukturierung bei der KiK Textilien und Non-Food GmbH 17 Wie lange reicht das Geld noch? Worauf bei der Liquiditätsreserve in einem brisanten Marktumfeld zu achten ist. 19 Intelligente Automatisierung des Treasury- Reportings Diese Vorteile bietet ein durchdachtes Daten-Management. 22 Schockphasen offenbaren die Grenzen der Diversifikation Warum auf den Diversifikationseffekt in Krisensituationen nicht immer Verlass ist. 26 “We’ve seen the emergence of new structures designed to better align financial and structural terms with borrowers’ sustainability performance.” In diesem Interview werfen wir einen Blick auf Markttrends, Herausforderungen und Innovationen im Bereich der nachhaltigen Finanzierung. 29 Verification of Payee – zwischen regulato- rischer Pflicht und praktischer Schwäche Aktuelles zur Empfängerüberprüfung für SEPA-Überweisungen und SEPA-Echtzeit- Überweisungenen Offenlegung nach § 25 Mediengesetz: Herausgeber + Medieninhaber: SLG Treasury GmbH, Beratung, Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße 3, 1100 Wien, Österreich, Tel.: +43-1-585 48 30, Fax: +43-1-585 48 30-15, E-Mail: info@slg.co.at, URL: www.slg.co.at Geschäftsführer: Georg Ehrhart, Philip Tüttö, Michael Juen Grundlegende Richtung: Unabhängige und objektive Information für Finanzverantwortliche, Treasurer und Banker im deutschsprachigen Raum Autoren und Mitarbeiter in dieser Ausgabe: Sonja Bauer, Simon Ellmeyer, Michelle Keuschnigg, Christof Kornfeld, Bianca Kral, Dr. Edith Leitner, Isabel Mokrejs, Edgard Neifeldt, Mario Offenhuber, Maximilian Schachinger, Philip Tüttö, Leon Walter, Elisabeth Winkler, Fabian Zaiser Produktion und Anzeigen verwaltung: SLG Treasury GmbH Grafische Umsetzung: dolezal:media, Susanne Dolezal- Ortner Druck: Print Alliance HAV Produktions GmbH, Druckhausstraße 1, 2540 Bad Vöslau Auflage: 18.000 Stück. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen. TreasuryLog ist auch online zu lesen auf www.slg.co.at/Publikationen 3
Liquiditätsplanung Auf eigenen Beinen – Die Bedeu- tung einer soliden Liquiditäts- planung nach dem Carve-out Es bringt finanzielle Sicherheit mit sich, Teil ei- ner globalen Unternehmensgruppe wie Siemens zu sein. Doch was passiert, wenn man sich hier- von abkoppelt? Genau das hat Innomotics ge- meistert. Dabei muss die Liquidität voraus- schauend geplant werden – ein Unterfangen, das für eine Treasury-Abteilung im Aufbau nicht ohne Hürden war und immer noch ist… Seit Anfang 2022 begleitet SLG den deutschen Elektromoto- renkonzern Innomotics beim Aufbau einer eigenständigen Treasury-Abteilung im Zuge des Carve-outs von Siemens. Zum 1. Oktober 2024 wurde das Unternehmen eigenständig unter der Eigentümerschaft eines US-Finanzinvestors. Die Entwick- lung von einer One-Man-Show unter dem Head of Finance & Treasury, Marcus Geyer zu einer vollumfänglichen Treasury- Abteilung ist durchaus etwas, worauf Innomotics stolz sein kann. Es lässt die Abspaltung von Siemens fast vergessen, wo- bei diese natürlich immense Konsequenzen hatte. Eine davon: die Liquiditätsplanung. Diese ist ein wichtiger Bestandteil des Treasury, um fundierte Entscheidungen über Geldanlage und -aufnahme zu treffen. 4
Gerade ein Unternehmen, das sich innerhalb kürzester Zeit selbständig finanzieren muss, hat besonders auf seine finanzi- ellen Ressourcen zu achten. Die Vorhersage der zukünftigen Zahlungsströme ist somit ein Muss und ein wichtiger Punkt, bei dem SLG Innomotics unterstützt hat. Ohne Fahrplan kommt man nicht ans Ziel Die Grundsatzentscheidung, ob Innomotics eine Liquiditäts- planung einführen sollte oder nicht, stellte sich nicht. Die Fra- ge war vielmehr, wie diese umgesetzt werden kann. Ein sol- ches Unterfangen startet idealerweise, wie bei Innomotics, mit einem Liquiditätsplanungskonzept. Dieses ist der Fahrplan für eine erfolgreiche Implementierung und legt verschiedenste Parameter fest. Zuallererst musste überlegt werden, welche Planungsmethode gewählt wird: direkt oder indirekt. Auch die- se Entscheidung war für Innomotics eine leichte. Eine Anfor- derung der einzuführenden Liquiditätsplanung war nämlich, dass sie als Basis für das FX-Risiko-Management dienen soll. Zusätzlich sollte auf die lokale Expertise der knapp 60 ver- schiedenen Tochtergesellschaften vertraut werden. Es musste also eine direkte Planung sein. Doch auch andere Parameter waren festzulegen. Für wie lange sollten die lokalen Planenden die Cashflows eingeben? Wie häufig muss die Planung aktualisiert werden? Wie sieht die Planungsstruktur aus? Wer befüllt welche Planungskategorie? Woher kommen die Daten? Wie wird die Qualität der Eingaben validiert? Etliche Fragen mussten im Zuge der Konzeption ent- schieden und dokumentiert werden. Die festgelegten Inhalte des Liquiditätsplanungskonzepts wa- ren ebenso Anforderungen für das einzuführende Treasury- Management-System, wobei schlussendlich corima von COPS ausgewählt wurde. Die vorherige Definition aller Parameter und Anforderungen minderte den Aufwand der technischen Implementierung, da die schwierigen Fragen alle schon beant- wortet waren. Im Vergleich zu den anderen parallel im Hinblick auf den Carve-out zu implementierenden Treasury-Funktiona- litäten bereitete die Liquiditätsplanung aus technischer Sicht weniger Kopfschmerzen. Mit lokaler Unterstützung zum erfolgreichen Roll-out Das Konzept war erledigt, das System ausgewählt, die techni- sche Implementierung lief im schnellen Schritt voran. So ein- fach kann die Liquiditätsplanung sein – möchte man meinen. Die Erkenntnis aus vergangenen Projekten hat sich auch bei Innomotics bestätigt: Die Konzeption ist nur die halbe Miete. Die Phase, die meist unterschätzt wird, aber im Zuge der Im- plementierung der Liquiditätsplanung von großer Bedeutung ist, ist der fachliche Roll-out. Die Einschulung der lokalen Mitarbeitenden, die letztendlich die Plandaten in regelmäßigen Abständen liefern sollen, benö- tigte hohe Aufmerksamkeit. Die wenigsten Unternehmen sind mit lokalen Ressourcen für Treasury-Aufgaben gesegnet. Meist handelt es sich bei den lokalen Planenden um Kollegen aus der Buchhaltung oder dem Controlling. So auch bei Inno- motics. Es brauchte Verständnis dafür, dass diese Personen mit der Cashflow-Sicht – im Gegensatz zur buchhalterischen Umsatz-Sicht – normalerweise nicht vertraut sind und sich da- her mit der neuen Materie unsicher fühlen. Dazu kommt natür- lich, dass eine zusätzliche, neue Aufgabe den bereits vollen Terminkalender der Planenden belastet. Diese mangelnde Ak- zeptanz und das Verständnis für die Wichtigkeit dieser Aufga- be waren mitunter die größten Widerstände, auf die das Finance & Treasury-Team beim Roll-out gestoßen ist. Im ersten Schritt wurde eine geringe Anzahl von Test-Gesell- schaften ausgewählt, die in einer kontrollierten kleineren Gruppe intensiv eingeschult wurde. Diese hatten Zeit, sich an die Liquiditätsplanung zu gewöhnen und waren somit bereits mit Zielen, Methodik und Abläufen vertraut, bevor die anderen Planenden dazugestoßen sind. Sie wurden Unterstützer auf lo- kaler Ebene, konnten ihre bereits gewonnene Erfahrung mit manch verunsichertem Einsteiger teilen und so auch Last von der zentralen Finance & Treasury-Abteilung nehmen. Neben den lokalen Test-Gesellschaften, die bei der Einge- wöhnung mithalfen, war auch die Involvierung des CFO der Innomotics Gruppe entscheidend. Die transparente Erläute- rung von höchster Ebene, warum die Liquiditätsplanung es- senziell für die Gruppe ist, und die konstante Unterstützung der lokalen Planenden waren im Hinblick auf manche Beden- ken immens hilfreich. Letztere Personengruppe wusste von Beginn an, dass die Implementierung der Liquiditätsplanung einen guten Grund hat und keine sinnlose Erhöhung des Ar- beitspensums ist. Gelungene Feedback-Kultur und Feingefühl für lokale Gegebenheiten Zu guter Letzt hat Innomotics auch exzellent auf lokales Feed- back reagiert. Einen Fehler, den man nicht begehen sollte, ist starr auf dem festgelegten Liquiditätsplanungskonzept zu be- harren. Dieses stellt zwar den Fahrplan dar, doch Umleitungen können vorkommen – auf der Landkarte sieht man bekanntlich die Straßenverhältnisse nicht. Man ist sich lokaler Gegeben- heiten vielleicht gar nicht bewusst. Gerade bei Innomotics im Zuge des Carve-outs und mit einer neuen Finance & Treasury- Abteilung. Daher war die einzig logische Konsequenz, auf loka- le Gegebenheiten zu reagieren und auf Basis dieser das Kon- zept zur Serienreife weiterzuentwickeln. Die Planungsstruktur wurde mehrere Male angepasst. Für zwei Länder wurden sogar individuelle Strukturanpassungen vorgenommen. In Deutschland zum Beispiel sammeln sich mehrere Gesellschaften sowie zentrale Geschäftsbereiche, die eine höhere Komplexität mit sich bringen. Einzelne Plan- kategorien mussten von mehreren Geschäftsbereichen be- füllt werden, was organisatorisch schwierig war. Deshalb wurde für Deutschland und die USA speziell die Planungs- struktur aufgeteilt, sodass die Zuständigkeiten transparenter wurden. Die Summenkategorien waren dennoch für alle Ge- sellschaften gleich, was die Konsolidierung auf Konzernebe- ne ermöglicht. Weiter wurde nach Rücksprache mit den Ge- sellschaften die Logik der Intercompany-Zahlungsstromab- stimmung anhand des Feedbacks umgedreht, ebenso wie die Einräumung einer verlängerten Abgabefrist für die monatli- che Planung. 5
Der gekonnte Mix aus klarer Linie und „Ansage von oben”, hel- fenden Händen unter den Planenden und der Offenheit gegen- über Feedback waren die richtigen Zutaten für die Implemen- tierung der Liquiditätsplanung. Bereits seit Mitte letzten Jah- res ist die gesamte Gruppe im Planungsprozess involviert und liefert monatlich plausible Daten, auf denen Finanzierungsent- scheidungen oder auch FX-Sicherungen basieren. Die Liquiditätsplanung steht. Doch Stagnation kommt nicht vor. Die Einführung einer Liquiditätsplanung ist ein umfangreiches Projekt. Aufgrund der begrenzten Ressourcen und des straffen Zeitplans mussten manche Themen bei Innomotics nachran- gig behandelt werden. Idealerweise wird die Generierung der Ist-Daten bereits in einem früheren Stadium implementiert, um die gelieferten Plandaten der Gesellschaften besser zu plausibilisieren. Der sich anbahnende Carve-out erlaubte es allerdings nicht, dieses Unterfangen früher zu starten. Die Ab- leitung der Ist-Daten ist ein aktuell laufendes Projekt, das mit der Unterstützung von Serrala realisiert wird. Da Innomotics zum gegenwärtigen Zeitpunkt die nötigen Ressourcen und vor allem das nötige Know-how aufgebaut hat, ist SLG in diesem Prozess nur mehr am Rande involviert. Man könnte den Pro- zess folgendermaßen zusammenfassen: Von der üppigen Cash-Ausstattung von Siemens losgelöst, über ein Finance & Treasury-Team in den Kinderschuhen, das aufgrund der gerin- gen Personalressourcen von SLG operativ unterstützt wurde, hin zu einer mittlerweile vollständig eigenständig agierenden Abteilung. Das bedeutet allerdings nicht, dass seitdem Stillstand in der Finance & Treasury-Abteilung in Bezug auf die Liquiditätspla- nung herrscht. Das Gegenteil ist der Fall. Neben der langfristi- gen Liquiditätsplanung wurde ebenso eine kurzfristige 13-Wo- chen-Planung auf Wochenbasis eingeführt. So kann die kurz- fristige Sicht, die die sicheren Cashflows beinhaltet und für das Überleben eines Unternehmens fundamental ist, noch de- taillierter betrachtet werden. Zusätzlich wurde in den letzten Monaten mit der Unterstützung von SLG am Berichtswesen gearbeitet. Die globale Liquiditäts- planung steht auf Knopfdruck in Power BI zur Verfügung und erlaubt dadurch vielfältige Analysen. Man sieht also, ein Carve-out und der damit verbundene Auf- bau einer neuen Finance & Treasury-Abteilung bedeuten sig- nifikante Veränderungen. Die Liquiditätsplanung ist dabei ein wichtiges Instrument, um Transparenz in Bezug auf die Liquiditätsentwicklung zu haben und diese steuern zu kön- nen. Eine der wichtigsten Erkenntnisse daraus ist, dass ein Konzept zwar unablässlich ist, aber nicht als sture Schiene benutzt werden sollte. Notwendige Anpassungen, eine für das Konzept passende Systemunterstützung sowie viel Ge- duld und Verständnis für die schwierige Eingewöhnungspha- se sind Voraussetzungen, um die Einführung der Liquiditäts- planung mit so geringen Bauchschmerzen wie möglich zu bewältigen. 6 Innomotics setzt bei der Konzeption und Produktion seiner Produkte, wie beispielsweise Hochspannungsmotoren, auf modernes Design und innova- tive Elemente für optimale Qualität und Leistung. Der deutsche Konzern Innomotics blickt als ehemaliger Teil der Siemens-Gruppe auf über 150 Jahre Erfahrung im Bereich der Her- stellung von Motoren und Antrieben zurück. Mit mehr als 15.000 Mitarbeitenden weltweit und einem Umsatz von rund 3 Milliarden Euro ist Innomotics nicht nur Global Player, sondern auch Bran- chenführer. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Nürnberg wurde 2023 als ehemalige Sparte von Siemens aus der Firmengruppe ausgegliedert und durch die Veräußerung an die amerikanische Investmentgesellschaft KPS Capital Partners, LP im Jahr 2024 zu einem eigenständigen Unternehmen. Captain Cash ist das Maskottchen der Finance & Treasury Community bei Innomotics und repräsen- tiert den wohl wichtigsten Fokus der Abteilung: Cash. Die Autoren: Adelina Imeri ist Senior Treasury Risk Manager bei Innomotics. Fabian Zaiser ist Senior Consultant bei SLG.
VorstudieEinsatzanalyseDetailkonzeptww.slg.co.atTREASURYmit SAP Die Umstellung auf SAP S/4HANA ist für viele Treasury-Abteilungen der Anlass, die eigene Systemumgebung auf den Prüfstand zu stellen und die Nutzbarkeit und Potenziale von S/4HANA Treasury zu beleuchten. Häufig stehen dabei folgende Fragestellungen im Raum: •Welche Neuerungen können Kunden mit S/4HANA Treasury erwarten?•Passt S/4HANA Treasury für das spezifische Setup? •Welche SAP-Module kommen aus Kosten-Nutzen-Sicht überhaupt in Frage?•Welchen Mehrwert, vor allem in Hinblick auf Effizienzsteigerung, kann die Lösung bieten? Wir unterstützen Sie bei der Beantwortung dieser Fragen und den sich daraus ergebenden Herausforderungen mit maßgeschneiderten Beratungsleistungen.Optimale Nutzung und fundierte Implementierungs-vorbereitung von SAP S/4HANA Treasury
S/4HANA-Umstieg Roadmap für die Treasury- System landschaft Der Umstieg auf S/4HANA ist oftmals viel mehr als ein Migrationsprojekt. Er bietet auch die Möglichkeit, die eigene Systemlandschaft zu konsolidieren bzw. zu optimieren. Mit einer ent- sprechenden Evaluierung und Roadmap-Erstel- lung war der oberösterreichische Kunst- und Schaumstoffhersteller Greiner konfrontiert. Wir haben mit Renate Dietl, Vice President Cor- porate Finance bei Greiner über Beweggründe und zentrale Erkenntnisse gesprochen. TreasuryLog: Frau Dietl, Sie haben sich bereits frühzeitig mit dem Thema der langfristigen Ausgestaltung der Treasury- Systemlandschaft auseinandergesetzt. Was waren Ihre Beweg- gründe? Renate Dietl: Die Greiner Gruppe war in der Vergangenheit im Bereich Treasury und Finanzierung sehr stark dezentral orga- nisiert. Unser Bestreben in den letzten Jahren war es, eine zentrale Struktur aufzubauen, gruppenweite Treasury-Richtli- nien und ein zentrales Treasury-Management-System zu im- plementieren. Nun steht die Gruppe – wie viele andere Unter- nehmen auch – vor der Herausforderung des SAP-Umstiegs auf S/4. Greiner hat es sich als Ziel gesetzt, diese systembe- 8
dingte Notwendigkeit zu nutzen, um eine weitere Harmonisie- rung derzeit noch unterschiedlicher Systeme und Prozesse zu erreichen. In diesem Zusammenhang haben wir uns natürlich auch die Frage gestellt, wie das Treasury der Zukunft in der Gruppe aussehen soll und welche Systeme uns dabei am bes- ten unterstützen können. TreasuryLog: Nach umfangreichen Gesprächen mit relevanten Systemanbietern und SAP-Beratern wurde SLG für eine unab- hängige Evaluierung und Beurteilung zu Rate gezogen. Wie kam es zu dieser Entscheidung? Renate Dietl: Uns wurden natürlich diverse Informationen hin- sichtlich einer möglichen SAP-Landschaft vermittelt. Die Er- gebnisse waren jedoch sehr unterschiedlich und wesentliche Fragen, um tatsächlich eine Entscheidung treffen zu können, blieben unbeantwortet, vor allem auch hinsichtlich der best- möglichen Integration oder Kombination mit bestehenden Systemen und dem Gleichschritt mit geplanten Weiterent- wicklungen im Treasury. Wir kannten SLG bereits aus früheren Projekten und waren mit der Arbeit stets zufrieden, daher sind wir auch bei diesem Projekt nochmals auf SLG für eine unab- hängige „Drittmeinung“ zugegangen. TreasuryLog: Was waren die besonderen Herausforderungen bei der Konzeptionierung einer zukünftigen Treasury-System- landschaft mit SAP S/4HANA und komplementären Syste- men? Renate Dietl: Wir haben vor einigen Jahren im Zuge der be- reits erwähnten Einführung eines gruppenweiten Treasury- Management-Systems eine umfangreiche Systemauswahl durchgeführt und uns letztendlich für Corima als Treasury- Management-System und TIS als Zahlungsplattform ent- schieden. Dabei wurde einiges an Zeit und Kosten investiert. Wir standen daher nun vor folgenden Fragen/Herausforde- rungen: Können die vorhandenen Systeme oder Teile der vorhande- nen Systeme abgelöst werden und ist eine Ablösung durch S/4HANA-Funktionalitäten unter Kosten-/Nutzen-Aspekten sinnvoll? Können auch die individuell für die Greiner Gruppe umge- setzten Funktionalitäten vor allem hinsichtlich der Instru- mentenverwaltung mit S/4HANA abgedeckt werden? Mit welchem externen sowie internen Aufwand und mit wel- chen Kosten müssen wir bei einer Verlagerung von Treasury- Funktionalitäten in Richtung S/4HANA rechnen? Was wäre bei einer Ablösung bestehender Systeme oder einzelner Funktionalitäten durch S/4HANA zu beachten – speziell auch in Bezug auf die Treasury-Prozesse? Wie ist die empfohlene Vorgehensweise in einem derarti- gen Projekt, wie gestaltet sich die potenzielle Umsetzung inklusive notwendiger Zwischenlösungen über die nächsten fünf Jahre? TreasuryLog: Welchen konkreten Mehrwert konnte SLG bei den Überlegungen zur zukünftigen Systemlandschaft aus Ihrer Sicht einbringen? Renate Dietl: SLG hat dieses komplexe Thema sehr struktu- riert und für uns äußerst nachvollziehbar aufbereitet. Es wurde gezielt auf die einzelnen Treasury-Module von SAP so- Renate Dietl ist als Vice President Corporate Finance bei Greiner tätig. wie deren jeweilige Vor- und Nachteile im Vergleich zu den aktuell genutzten Systemen eingegangen. Weiters wurde Bezug auf unsere aktuellen und zukünftigen Anforderungen genommen und nach der bestmöglichen Abdeckung durch Systemlösungen getrachtet. Dafür wurden auch verschiede- ne Systemkonstellationen mit den jeweiligen Vor- und Nach- teilen sowie potenziellen Kostenimplikationen angeführt. Dieser Bezug war für uns äußerst hilfreich und konnte uns vor dem Projekt mit SLG von anderen nicht in dieser Tiefe vermittelt werden. Weiters wurden mögliche Roll-out-Szenarien diskutiert und detailliert deren Umsetzungsmöglichkeiten sowie die damit verbundenen Vor- und Nachteile dargestellt. Gemeinsam wur- de strukturiert erarbeitet, welche Optionen uns in der Zentrale und in unseren Tochtergesellschaften zur Verfügung stehen und welche Auswirkungen diese mit sich bringen. Eine wesentliche Unterstützung war auch die detaillierte Auf- schlüsselung der Kostenkomponenten sowie des Implemen- tierungsaufwands je Systemlösungsvariante. Darüber hinaus hat SLG im Laufe des Projekts auch Themen unterstützt, die nicht direkt auf der Agenda standen, wo- durch wir bereits länger existierende Systemprobleme lösen konnten. TreasuryLog: Gab es spezielle „Lessons learned“, die Sie vor Projektbeginn nicht erwartet hätten? Renate Dietl: Den Weg im Treasury in Richtung S/4HANA zu beschreiten, muss nicht immer gleich die Nutzung aller SAP Module bedeuten. Dass „Best-of-Breed“-Ansätze nicht nur sehr 9
sinnvoll sein können, sondern ein Step-by-Step-Approach so- gar besser geeignet sein kann, um den aktuellen UND zukünfti- gen Anforderungen in einer gruppenweiten Umstellungs-, vor allem aber auch Weiterentwicklungsphase begegnen zu kön- nen, wurde uns erst durch das Projekt mit SLG deutlich vor Au- gen geführt. Außerdem ergab der strukturierte, tiefere Blick hinsichtlich der Kosten/Nutzen-Komponenten der einzelnen Systemvari- anten für uns teils unerwartete Ergebnisse. Eine vergleichbare und transparente Aufstellung der Kosten ist bei solchen Ent- scheidungen jedenfalls unumgänglich. TreasuryLog: Welche Ratschläge können Sie anderen Unterneh- men geben, die sich Gedanken zur Ausrichtung der Systemland- schaft im Treasury machen? Renate Dietl: Für die Entscheidungsfindung war letztendlich die unparteiische Analyse ausschlaggebend. Als Unterstützung oder Sparringpartner sollte man sich jedenfalls einen unab- hängigen Berater mit hoher System- und Prozesskenntnis, aber ohne Systemverkaufsinteresse ins Boot holen. Und es lohnt sich definitiv, Zeit in eine detaillierte Analyse der Anforderungen, der Ausarbeitung der Vor- und Nachteile mög- licher Systemvarianten und der damit verbundenen Kosten- Nutzen-Komponenten zu investieren und dabei auf die Unter- stützung durch einen Branchen- und Systemkenner wie SLG zurückzugreifen. Über Greiner Greiner ist ein weltweit führender Anbieter von Kunststoff- und Schaumstofflösungen mit Sitz in Kremsmünster (Oberösterreich). Unter dem Dach der Greiner AG vereinen sich drei operative Spar- ten (Greiner Packaging, NEVEON, Greiner Bio-One), die innovative Lösungen für zahlreiche Industrien und Branchen produzieren und vermarkten. Das Produktportfolio reicht von Kunststoffverpackungen im Food- und Non-Food-Bereich über technische Kunststoffteile, Qualitäts- produkte aus Kunststoff für die Bereiche In-vitro-Diagnostik, Bio- technologie, Diagnostik und Pharmazie bis hin zu Schaumstoffen und deren Weiterverarbeitung für den Komfort- und Mobilitätsbe- reich und Spezialanwendungen. Greiner befindet sich seit fünf Generationen im Familienbesitz. Mit einer einzigartigen Unternehmenskultur, die auf Vertrauen, Verant- wortung und gegenseitigem Respekt beruht, bietet Greiner heute mehr als 10.300 Menschen in über 30 Ländern sichere Arbeitsplätze. Die Zukunft von Greiner liegt in der Kreislaufwirtschaft. Darauf fo- kussiert sich nicht nur die Produktentwicklung der drei Divisionen, sondern auch der Start-up-Hub Greiner Innoventures. Die Autorin: Isabel Mokrejs ist Manager bei SLG. MULTICASH COMMUNICATION DAY 2025 UND WORKSHOPS FÜR ANWENDER Besuchen Sie unser Forum für Corporates Verification of Payee • SEPA Instant Payments • Real-Time Treasury • Cash Flow Planung und Analyse API • MultiCash KI • EBAM • Request to Pay • Fraud Prevention • Payment Factory • MultiCash Version 5 o t o h P k c o t S i © 09.-10.10.2025 Lindner Hotel Köln www.omikron.de
SLG-Geschäftsberichtsstudie Unternehmen weiterhin vorsichtig – Risikokommunikation ausbaubar Seit 2002 analysieren wir, wie börsennotierte Unternehmen im DACH-Raum über ihr Finanzrisiko- Management berichten. In der jüngsten Ausgabe der Geschäftsberichtsstudie für das Jahr 2024 wurden 114 Unternehmen aus DAX, MDAX, ATX und SMI untersucht, wobei Banken und Versiche- rungen nicht berücksichtigt werden. Die Studie bietet einen umfassenden Überblick über die Praxis im Finanzrisiko-Management und zeigt gleichzeitig auch auf, dass es große qualitative Unterschiede in der Kommunikation nach außen gibt. Die Zahl der Unternehmen mit externem Rating ist leicht rück- läufig: Bei den Großunternehmen1 sank der Anteil von 83 (2023) auf 81 Prozent (2024), bei den Mittelunternehmen von 25 auf 22 Prozent. Verfügbare Mittel: Liquidität auf konstant hohem Niveau Die verfügbare Liquidität2 beläuft sich im Durchschnitt auf 3,95 Monatsumsätze. Im Zeitverlauf zeigt sich, dass die verfüg- baren Mittel seit 2022 auf konstant hohem Niveau verharren. Schwächere Ratings im Investment-Grade-Bereich Besonders auffällig ist die Entwicklung im Investment-Grade- Bereich: Die Trendumkehr von Ratingverbesserungen bis 2021 zu Ratingverschlechterungen im Jahr 2022 hat sich 2023 und 2024 bestätigt. Ratings verschieben sich zuneh- mend von A in Richtung BBB-, was auf eine Eintrübung des gesamtwirtschaftlichen Umfelds hindeutet. Gerade in einem ökonomisch angespannten Umfeld gepaart mit geopoliti- scher Unsicherheit signalisiert dies eine gewisse Vorsicht, oder zumindest eine veränderte Risikowahrnehmung durch die Ratingagenturen. Über 70 Prozent der untersuchten Unternehmen verfügen dabei über Liquidität in der Höhe von einem bis fünf Monatsumsätzen. Die Liquiditätsausstattung variiert deutlich zwischen den Bran- chen: Während Unternehmen in der nicht-zyklischen Konsum- güter- oder Rohstoffbranche im Durchschnitt verfügbare Liqui- dität in Höhe von knapp zwei bzw. drei Monatsumsätzen halten, weisen Immobilienunternehmen einen durchschnittlichen Wert von knapp zehn Monatsumsätzen auf. In der Industriebranche liegt die verfügbare Liquidität im Schnitt bei knapp vier Mo- natsumsätzen bei einer starken Streuung in der Bandbreite von unter einem bis knapp zwölf monatlichen Umsätzen. 11
2023 2024 24% 23% 25% 22% 18% 16% 14% 12% 11% 10% 2% 2% 4% 2% 4% 4% 2% 2% 2% 0% 4% 2% 2% 0% 2% 0% AA AA- A+ A A- BBB+ BBB BBB- BB+ BB BB- B+ B Abb. 1: Beobachtete Rating-Veränderungen von 2023 auf 2024 Ø verfügbare Liquidität in Monatsumsätzen 0,9 1,2 1,5 1,5 1,0 1,9 1,0 0,7 0,8 1,5 1,4 1,5 0,8 1,7 0,5 1,4 0,4 1,1 1,3 1,2 1,2 1,5 1,4 2,0 2,2 2,2 2,1 2,0 1,8 3,0 1,2 1,6 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Ø Verfügbare liquide Mittel [in Monatsumsätzen] 2017 2016 Ø Verfügbare Kreditlinien [in Monatsumsätzen] 2018 2019 2020 2021 1,4 1,5 1,6 2,4 2,3 2,3 2022 2023 2024 Abb. 2: Die verfügbare Liquidität hält sich seit 2022 auf einem konstanten Level. Abb. 3: Bei der Bemessung des Wäh- rungsrisikos hat die Sensitivitätsanalyse über die Jahre hinweg die Nase vorne. Abb. 4: Beim Zinsrisiko spielt die Be- trachtung von Aktiva und Passiva zu- sammen eine immer größere Rolle. 12
FX-Risiko: Sensitivitätsanalyse dominiert Risiko- kommunikation Angesichts der internationalen Ausrichtung der untersuchten DACH-Unternehmen ist es nicht verwunderlich, dass das Wäh- rungsrisiko breit thematisiert und berichtet wird, wobei der Fo- kus auf Transaktionsrisiken liegt. Die Betrachtung des Transak- tionsrisikos, sofern dieses besteht, wird dabei von allen er- wähnt. Translationsrisiken werden von 64 Prozent der Groß- und 45 Prozent der Mittelunternehmen erwähnt. Wenn es um die Sicherung der Translationsrisiken geht, zeigt sich, dass die- se nur von 13 bzw. 7 Prozent aller untersuchten Unternehmen zumindest teilweise gesichert werden. Im Grunde kann festge- halten werden, dass die nach außen kommunizierte Risikomes- sung durch Sensitivitäten gegenüber Wechselkursveränderun- gen dominiert wird, während auf Eintrittswahrscheinlichkeiten basierende Risikorechnungen seltener ausgewiesen werden. In der Risikomessung ist weiterhin die Sensitivitätsanalyse mit ei- nem +/-10-Prozent-Szenario vorherrschend. Der Value-at-Risk (VaR) bzw. die Anwendung dieser Kennzahl wird von 34 Prozent der Großunternehmen und 13 Prozent der Mittelunternehmen in Geschäftsberichten kommuniziert. Erfahrungsgemäß werden At-Risk-Kennzahlen im internen Reporting dennoch deutlich häufiger verwendet als in Geschäftsberichten ausgewiesen. Interessant sind die für die VaR-Berechnung angewendeten Haltedauern. Diese liegen bei einem Tag bis zu einem Jahr (ziemlich gleich verteilt). Die Ursache für diese Unterschiede können unterschiedliche Risikohorizonte sein, denen die Un- ternehmen ausgesetzt sind. Oder aber die Risikorechnung wird bei Unternehmen für unterschiedliche Verwendungszwecke mit anderer Aussagekraft verwendet. Fokus auf Sensitivitäten beim Zinsrisiko, aktivseitige Betrachtung angestiegen Auch das Zinsrisiko wird primär über Sensitivitätsanalysen adressiert (bei 68 Prozent der Groß- und 69 Prozent der Mittel- unternehmen). Der VaR spielt hier mit 19 (Großunternehmen) bzw. 7 Prozent (Mittelunternehmen) nur eine untergeordnete Rolle. Interessant ist ein neuer Trend: Die Betrachtung von Finanzaktiva rückt zunehmend in den Fokus. Hintergrund dürf- ten die gestiegenen Zinserträge seit 2022 sein. Einnahmen, die bis vor Kurzem kaum eine Rolle spielten, sind nun ein we- sentlicher Bestandteil der Ergebnissteuerung. Damit zeigt sich, dass die Wichtigkeit der gemeinsamen Betrachtung von Aktiva und Passiva zunehmend erkannt wird. Rohstoffrisiko & Hedge Accounting ist eine Frage der Unternehmensgröße Während zwei Drittel der Großunternehmen Rohstoffpreis- risiken in den Geschäftsberichten erwähnen, liegt der Anteil bei Mittelunternehmen bei 30 Prozent. Rohstoffrisiko-Manage- ment bleibt ein Thema für Unternehmen mit stärker professio- nalisiertem Treasury. Auch der Einsatz von Hedge Accounting offenbart Unterschiede. So wenden 83 Prozent der Großunternehmen Hedge Accounting für FX-Risiken an, aber nur knapp die Hälfte der Mittelunterneh- men. Beim Zinsrisiko ist ein rückläufiger Trend erkennbar: 2021 nutzten noch 79 Prozent der Großunternehmen Hedge Accoun- ting, aktuell sind es nur noch 70. Bei Mittelunternehmen liegt der Anteil über die letzten Jahre hinweg konstant bei über 40 Prozent. Beim Rohstoffrisiko hingegen steigt der Einsatz von Hedge Accounting kontinuierlich. Dies ist vermutlich eine Reak- tion auf die volatilen Märkte und gestiegene Preisrisiken. Wenig Transparenz in der Kommunikation von Markt- risiken und Unterschiede zwischen Groß- und Mittel- unternehmen Die Studie zeigt aber auch, dass Unternehmen nach wie vor zurückhaltend in der Kommunikation ihres Risiko-Manage- ments sind. Detaillierte Angaben zur Risikoposition, Siche- rungsstrategie, Hedging-Quoten oder die genauere Darstellung von Berechnungsmethoden fehlen oftmals. Derivate werden häufig isoliert dargestellt. Stresstests finden nur bei 15 Pro- zent der Großunternehmen Erwähnung, bei Mittelunternehmen sind sie kaum ein Thema. Auf Basis unserer Praxiserfahrung nehmen wir allerdings an, dass deutlich mehr Unternehmen At-Risk-Berechnungen oder Stresstests durchführen. Über die Zinsbindung der Aktiva und Passiva werden äußerst selten An- gaben gemacht. Daher fällt es oft schwer, sich aus Geschäfts- berichten ein Bild über die tatsächlichen finanziellen Markt- risiken und den Umgang damit zu machen. Fazit Die anhaltende Verschlechterung im Investment-Grade-Rating- segment bei gleichzeitig stabil hohen Liquiditätspolstern deu- tet auf eine erhöhte Vorsicht als Reaktion auf das weiterhin unsichere Umfeld hin. Die externe Risikokommunikation vieler Unternehmen bleibt hinter dieser Entwicklung zurück: Risiko- steuerung findet oft statt, wird aber nicht in ausreichender Tiefe offengelegt. Besonders Mittelunternehmen zeigen im Vergleich zu Großunternehmen deutlich weniger Transparenz und methodische Vielfalt in der Berichterstattung. Wer seine Risiken aktiv steuert, sollte das auch zeigen: fundiert, ver- ständlich und transparent. Hier können Sie die aktuelle Geschäftsberichtsstudie kosten- los anfordern: 1 2 Großunternehmen: Umsatz > EUR 10 Mrd.; Mittelunternehmen: Umsatz < EUR 10 Mrd. Verfügbare Mittel definieren wir als liquide Mittel, abzüglich transferbe- schränkter Beträge, zuzüglich freier Kreditlinien. Der Autor: Maximilian Schachinger ist Berater bei SLG. 13
Treasury-Umstrukturierung Der Weg zur Treasury-DNA Ein Masterplan oder gar ein Standardansatz für Transformationsprojekte existiert nicht. Es gilt von anderen Projekten zu lernen und daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen. Vassilios Stamatopoulos, Leiter Treasury und Filialabstimmung bei der KiK Textilien und Non-Food GmbH, teilt im Interview mit TreasuryLog wertvolle Einblicke in sein Projekt zur Professiona- lisierung des Treasury in einem expandierenden Unternehmen und die „Lessons learned“, die er bereits für sich verbuchen konnte. TreasuryLog: Sie haben die Aufgabe übernommen, eine kom- plette Umstrukturierung im Treasury in Angriff zu nehmen. Was war der Ausgangspunkt dieser Entscheidung bei KiK? Vassilios Stamatopoulos: KiK wurde vor 30 Jahren mit einer Filiale in Düsseldorf gegründet und hat sich erfolgreich auf über 4.200 Filialen in Europa ausgeweitet. Eine Professionali- sierung unserer Prozesse und der gesamten Organisation war und ist wichtig, um diesem organischen Wachstum gerecht zu werden. Angesichts der zunehmenden Komplexität der Welt- wirtschaft und des Handels entschied die Geschäftsführung, das Treasury als einen Treiber des Unternehmenswandels zu positionieren. TreasuryLog: Sie sind seit 2022 bei KiK. Welche Ausgangssitua- tion beziehungsweise Anforderungen haben Sie in der Treasury- Funktion vorgefunden? Vassilios Stamatopoulos: Bereits vor meinem Start bei KiK stand fest, dass die wachsende Komplexität im Finanzbereich ein eigenes Treasury erfordert. Deshalb wurde es, wie das bei vielen Unternehmen der Fall ist, aus der Finanzbuchhaltung ausgegliedert. Zum Zeitpunkt meines Eintritts bestand die Ab- teilung bereits, stand jedoch funktional noch am Anfang. TreasuryLog: Wie sehr waren Sie bereits mit den speziellen An- forderungen bei KiK vertraut? 14
Vassilios Stamatopoulos: Mit den Themen Cash-Management, Risiko-Management und Finanzierung war ich bereits durch meine vorherigen Stationen bestens vertraut, was mir in der neuen Rolle sehr zugutekam. Die Bargeldlogistik und das E-Commerce-Geschäft waren ein neues und interessantes Feld für mich, in das ich mich erst einarbeiten musste. TreasuryLog: Wie hat sich das erste halbe Jahr gestaltet, nach- dem Sie mit der Treasury-Transformation begonnen haben? Vassilios Stamatopoulos: Das erste halbe Jahr war anders als erwartet. Die Ausgangssituation war geprägt von mehr Accounting als Treasury-spezifischer Erfahrung und vielen manuellen Prozessen. Wir haben den Fokus zunächst auf das Team gelegt, um eine klare organisatorische Struktur zu schaffen. Dazu haben wir eine Matrix erstellt, die den Zentrali- sierungsgrad, den Entwicklungsstand und die Komplexität der Aufgaben analysiert. Die erste Erkenntnis daraus war, dass der ursprüngliche Projektplan zu ambitioniert war. Dieser war auf zwölf Monate angelegt, musste jedoch aufgrund der Ausgangs- situation korrigiert werden. Es war mir besonders wichtig, zu- nächst eine „Treasury-DNA“ zu etablieren – durch klare Richtli- nien, eine angepasste Treasury-Organisation und Schulungen. Außerdem war uns klar, dass wir ein Middle Office aufbauen müssen, um Standardisierung, Risikoüberwachung und Re- porting zu ermöglichen. TreasuryLog: Welche Hauptmotivationen haben Sie für die Transformation im Treasury identifiziert? Vassilios Stamatopoulos: Die Hauptmotivation ist der Wachs- tumskurs, zudem möchten wir so transparent wie möglich auf- treten. Wir wollen ein „kapitalmarktfähiges“ Treasury aufbauen, das den Anforderungen unseres expandierenden Unternehmens und der damit verbundenen größeren Komplexität gerecht wird. Das Ziel: Nicht nur unseren Status quo verbessern, sondern uns auch zukunftsorientiert alle Möglichkeiten offenhalten. TreasuryLog: Wie gestalten sich die Prioritäten dabei und wel- che Ziele sind langfristig wichtig? Vassilios Stamatopoulos: Der Hauptfokus liegt dabei zunächst auf der Team- und Organisationsentwicklung, um eine solide Basis zu schaffen und gleichzeitig die Kolleginnen und Kolle- gen mit dem notwendigen Rüstzeug für die Aufgaben auszu- statten. Klare funktionale Richtlinien, ein umfassendes Treasury Reporting und Risiko-Management sowie die weitere Digitalisierung und eine TMS-Implementierung sind kurzfristi- ge Ziele, die darauf aufbauend angegangen werden. TreasuryLog: Wie haben Sie die Stakeholder-Kommunikation in Angriff genommen? Vassilios Stamatopoulos: Wir arbeiten aktiv mit den verschie- denen Abteilungen wie Accounting, Controlling, Legal und Merchandise-Planning zusammen und sie werden laufend über die Entwicklungen im Treasury informiert. Es gibt regelmäßige Meetings, um Deadlines zu überwachen und sicherzustellen, dass alle Beteiligten abgeholt sind. Zudem haben wir zu Beginn des Gesamtprojekts eine Due Diligence durchgeführt, um eine umfassende Bestandsaufnahme in allen Abteilungen vorzu- nehmen und ein Zielmodell zu entwickeln, das als gemeinsame Ausrichtung für alle Fachbereiche dient. Vassilios Stamatopoulos ist für die strategische Neuausrichtung des Treasury bei der KiK Textilien und Non-Food GmbH verantwortlich. TreasuryLog: Gab es Herausforderungen, die Ihnen schlaflose Nächte bereitet haben? Vassilios Stamatopoulos: Schlaflose Nächte hatte ich nicht, aber die Veränderung im Ganzen stellte eine enorme Heraus- forderung dar: Sei es bei der Entwicklung einer neuen Abtei- lungskultur oder der Reformation manueller Prozesse. Wir ha- ben zwar schnell die Herausforderungen erkannt, jedoch mussten wir erst die Grundlagen schaffen, um von den neuen Tools und Lösungen profitieren zu können. TreasuryLog: Welche aktuellen Herausforderungen bestehen noch? Vassilios Stamatopoulos: Aktuell ist eine der größten Her- ausforderungen das Thema interne Ressourcen. Da es An- passungen im gesamten Unternehmen gibt, benötigen wir eine gute Projektplanung, um die vorhandenen Ressourcen bestmöglich zu allokieren. Die Priorisierung der einzelnen Schritte ist entscheidend, da nicht alle Aspekte gleich wich- tig sind. Zudem spielt die IT bekannterweise eine zentrale Rolle, weshalb wir alle Stränge in einem Projektmanage- ment-Office (PMO) und unserer Entwicklungsabteilung zu- sammenlaufen lassen. TreasuryLog: Was ist der nächste große Schritt, den Sie ange- hen werden? Vassilios Stamatopoulos: Der nächste große Schritt ist die Einführung eines Treasury Management Systems (TMS), um die über Jahre gewachsenen Einzellösungen zu standardisieren und die zugehörigen Prozesse idealerweise zu automatisieren. Im Anschluss planen wir die Implementierung eines Rating- Tools, das die Steuerung der Bankbeziehungen zusätzlich un- terstützen soll. Wir gehen davon aus, dass wir Mitte 2026 mit den größten Meilensteinen der grundlegenden Transformation fertig sein werden, auch wenn es danach noch einige wenige Baustellen geben wird. TreasuryLog: Welche Lektionen und Erkenntnisse aus Ihrer bis- herigen Transformation-Journey können Sie anderen Treasurern mitgeben, die vor einer ähnlichen Herausforderung stehen wie Sie vor zwei Jahren? 15
Vassilios Stamatopoulos: Ein grundsätzlich wichtiger Punkt ist, dass keine Transformation der anderen gleicht – es gibt keinen Standardansatz. Es ist entscheidend, sich Zeit zu nehmen, um das Unternehmen und die Treasury-Organisation kennenzuler- nen. Bevor grundlegende Veränderungen vorgenommen wer- den, sollten die aktuellen, aber auch die zukünftigen Anforde- rungen an das Treasury festgelegt worden sein. Vor dem Beginn des Prozesses ist somit die Erarbeitung eines Treasury Target Operating Model unerlässlich. Eine weitere Lektion ist die gute und transparente Kommunikation mit allen Stakeholdern. Ei- geninitiative kann zwar verlockend erscheinen, um Fortschritte zu erzielen; sie führt jedoch oft zu schwerwiegenden Konse- quenzen, die den Erfolg des Projekts beeinträchtigen. Deshalb sind eine frühzeitige Planung der internen Ressourcen, insbe- sondere im IT-Bereich, und ein effektives Projekt-Management unerlässlich. Auf diese Weise lässt sich sicherstellen, dass man nicht nur die großen Teilprojekte, sondern auch die notwendi- gen kleinen Schritte stets im Auge behält. Die KiK Textilien und Non-Food GmbH beschäftigt über 32.000 Mit- arbeitern und ist in 14 Ländern mit mehr als 4.200 Filialen vertreten. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz in der deutschen Gemeinde Bönen (Nordrhein-Westfalen). KiK erwirtschaftet einen Jahresum- satz von über EUR 2,4 Mrd. und zählt zu den größten Handelsunter- nehmen Deutschlands. Die Autoren: Michelle Keuschnigg ist Senior Consultant bei SLG. Edgard Neifeldt ist Manager bei SLG.
Liquidität Wie lange reicht das Geld noch? Im dritten Rezessionsjahr in Folge wird diese Frage für immer mehr Unternehmen brisant, denn eine Beeinträchtigung der Zahlungsfähigkeit hat potenziell existenzbedrohende Konsequenzen. Gutes Risiko-Management bedeutet daher, den Liquiditätsstatus zu kennen, die Entwicklung zu planen und früh genug zu wissen, wann Maßnahmen eingeleitet werden müssen. In der Niedrigzinsphase noch vernachlässigt, zeigt sich die Be- deutung der Liquidität als zentrales Unternehmensrisiko in letzter Zeit immer stärker. Ob steigende Kosten für Liquidität oder medial präsente Unternehmensinsolvenzen aufgrund un- terschätzter Risiken – das Bewusstsein für die Relevanz der Thematik wächst. In diesem Zusammenhang muss sich das Treasury mit zent- ralen strategischen Fragen befassen: Wie kann die Höhe ei- ner für das Unternehmen passenden Liquiditätsreserve ab- geleitet werden? Was muss eine rollierende Liquiditätspla- nung leisten können? Wie kann das Treasury im Bedarfsfall zügig und verlässlich eine kurzfristige Liquiditätsvorschau aufbauen? Liquiditätsrisiko als strategisches Risiko begreifen Liquiditätsrisiken können, wie andere Marktrisiken, als Risiko- kreislauf betrachtet werden. Die relevanten Schritte in diesem Kreislauf sind: Identifikation, Analyse, Messung, Strategie und Kontrolle. Auf das Liquiditätsrisiko angewandt bedeutet dies, dass aus der Liquiditätsplanung (Identifikation, Analyse, Kon- trolle) durch Anreicherung von Szenarien (Messung) die Liqui- ditätsreserve (Strategie) abgeleitet werden kann. Die Höhe der Reserve ergibt sich also nicht aus dem Bauch- gefühl, sondern aus einer systematischen Ableitung aus der Liquiditätsplanung. Doch wie lässt sich eine solche konkret umsetzen? Benchmarking im Unternehmensumfeld hilft Eine Möglichkeit besteht darin, sich im Unternehmensumfeld umzuschauen. Ein Benchmarking mit der Peer Group kann wertvolle Erkenntnisse zur Höhe der Liquiditätsreserve liefern. Wichtig ist dabei, den korrekten Kreis an Unternehmen zu wählen. Börsennotierte, geratete Unternehmen halten häufig höhere Reserven vor als mittelständische Betriebe – sei es aus strategischen Gesichtspunkten (für potenzielle Akquisitionen) oder zur Stützung des eigenen Kreditratings. Schließlich ist die Liquidität auch aus Sicht von Ratingagen- turen für die Ableitung der Bonität relevant. Eigene Methodi- ken beschäftigen sich dabei mit dem Liquiditätsrisiko und können bei der Ableitung einer Liquiditätsreserve und dem Aufbau von Stressszenarien unterstützen. Im Kern geht es da- bei um das Verhältnis von Liquiditätsquellen und Mittelver- wendung. Daraus lassen sich klare Grenzen für einen festge- legte Zeitraum ableiten, die beispielsweise Voraussetzung für eine Investment-Grade-Bonität sind. Planung als Fundament der Strategie Prämisse für die Ableitung einer Strategie ist also die Kenntnis der Liquiditätsquellen und die Mittelverwendung. Eine durch- dachte Liquiditätsstrategie beginnt daher mit einer struktu- rierten Liquiditätsplanung. Eine universell gültige Anleitung zum Aufsetzen Letzterer gibt es dabei nicht – die Planung muss individuell auf das Unternehmen ausgerichtet sein. Zu- mindest sollten die folgenden Dimensionen in der Erstellung berücksichtigt werden, wenn es um die Frage der Leistungsfä- higkeit der Planung geht: Zeithorizont: Über welchen Zeitraum werden Planzahlen benötigt, um die Liquidität entsprechend zu steuern? Periodizität: Für welche Zeitscheiben werden Planzahlen benötigt? Aktualisierung: In welchen Zeitabständen ändern sich die Planwerte und müssen Anpassungen vorgenommen wer- den? Aufbau: Welche Planungskategorien erleichtern die Erstel- lung und welche In- und Outflows müssen geplant werden? Planungsansatz: Indirekte Ableitung aus Plan-Bilanz und Plan-GuV oder direkte Ermittlung aus geplanten In- und Outflows? Das ideale Resultat einer solchen Strukturierung: Eine system- gestützte, währungsdifferenzierte Planung, welche auf Knopf- druck Szenarien simuliert und automatisch rolliert und aktuali- siert, sowie die Ableitung der Liquiditätsreserve erlaubt. Die Realität sieht allerdings häufig so aus, dass mühevolle Da- tenarbeit und langwierige interne Abstimmungen Teil des Pro- zesses sind. Die typischerweise genutzte Liste der offenen Posten (OP-Liste) ist selten in benötigter Qualität und Struktur verfügbar. Ein Prototyp der Planung kann helfen relevante Fra- gen (Welche Informationen aus welchen Systemen liegen wo vor?) zu beantworten. Die laufende Liquiditätsplanung sollte aber so weit wie möglich in Systemen umgesetzt werden. Entscheidende Komplexitätstreiber bei der Erstellung der Planung sind dabei die Intercompany-Zahlungen (nicht ge- 17
Abb. 1: Liquiditätsrisiko als Kreislauf Finanzstatus prüfen und aktualisieren: Unterscheidung zwischen verfügbarer und nicht verfügbarer Liquidität möglich? Wo gibt es bar hinterlegte Garantien und könnten diese abgelöst werden? Gibt es Restriktionen aus lokalen Finanzierungsverträgen? In welchen Jurisdiktionen sind li- quide Mittel aufgrund lokaler Beschränkungen nicht für die Gruppe verfügbar? Daten für OP-Liste verstehen und bereinigen: Wann ist aus den OPs der tatsächliche Cashflow zu erwarten? Wie sieht die Verwertung von überfälligen Posten aus? Wo gibt es große Korrekturbuchungen, die das Ergebnis verzerren? Kommunikation mit den Gruppengesellschaften pflegen: Welche Gesellschaft ist relevant? Welche nicht? Welche Personen sind in den „wichtigen“ Gesellschaften auskunfts- fähig zur Liquiditätsentwicklung? Welche Gesellschaften können zentral geplant werden? Unser Fazit Die Definition einer passenden Liquiditätsreserve ist kein Zu- fallsprodukt, sondern ein wesentlicher Bestandteil der Unter- nehmensstrategie in einem weiterhin brisanten Marktumfeld und leitet sich systematisch aus der Liquiditätsplanung ab. Wer frühzeitig mit der Analyse beginnt, kann im Ernstfall deut- lich schneller reagieren. Selbst wenn die ideale Liquiditätspla- nung noch nicht vollständig etabliert ist, gibt es im Treasury zahlreiche vorbereitende Maßnahmen, die zwischenzeitlich bereits umgesetzt werden können. Der Autor: Leon Walter ist Senior Consultant bei SLG. plant vs. Planung und Abstimmung), die Integration von Vor- systemen (nur Daten aus ERP vs. Daten aus verschiedenen Systemen) und die Einbindung von lokalen Einheiten in den Planungsprozess (zentral vs. Bottom-up). Nicht immer ist eine Reduktion der Komplexität sinnvoll. Beispielsweise erstre- cken sich viele Planungen über einen längeren Zeithorizont (in der Regel zwölf Monate) oder es wird eine detaillierte Bottom- up-Planung erstellt, um Liquiditätsengpässe bei lokalen Ein- heiten festzustellen. Das Aufsetzen einer solchen Planung be- nötigt Zeit, oft dauern die Projekte mehrere Monate bis zur Umsetzung. Wie aber vorgehen, wenn die finanzielle Lage be- reits angespannt ist? Wenn es schnell gehen muss: das 80/20-Prinzip Im Krisenfall zählt Geschwindigkeit. Relevante Aspekte der Strukturierung einer Liquiditätsplanung sind dann nicht mehr Teil der Strategie, sondern werden seitens Gläubiger (und in dem Zusammenhang oft durch die Anforderungen eines Re- strukturierers) vorgegeben: Eine direkte 13-Wochen-Liquidi- tätsvorschau, wöchentlich rollierend und aktualisierend. Im Aufbau gilt es die Komplexität so weit wie möglich zu redu- zieren. Zum Einsatz kommt dann das bekannte Pareto-Prinzip: 80 Prozent der Wirkung mit 20 Prozent des Aufwands. Das be- deutet konkret: Konzentration auf die wichtigsten lokalen Einheiten, Vereinfachung der Struktur von Planungskate- gorien und Vermeidung von zu vielen Systemschnittstellen. Das trifft auch auf die Planung von Intercompany-Zahlungen zu: Aus Validierungsgründen kann es sinnvoll sein diese zu planen, in der Konsolidierung werden sie in der Regel ge- löscht. Je zentraler geplant werden kann, desto schneller ge- staltet sich der Prozess. Die Vorbereitung zählt Die Aufbereitung von Informationen in einer derartigen Situa- tion gestaltet sich oft noch schwieriger. Unsere Empfehlung ist daher, vorbereitende Maßnahmen zu treffen, bis eine sys- temgestützte Liquiditätsplanung verfügbar ist: 18 © SLG TreasuryKlassifizierung: Vertraulich-Extern1© SLG TreasuryLiquiditätsreserve im RisikokreislaufMessungStrategieAnalyseKontrolleIdentifikationLiquiditätsplanungSzenarienLiquiditätsreserve
Daten-Management Intelligente Automatisierung des Treasury-Reportings Daten spielen eine zunehmend zentrale Rolle in Unternehmen – insbesondere wenn es um Transparenz, Effizienz und fundierte Entschei- dungen geht. Nicht erst, seitdem der Begriff „Künstliche Intelligenz“ in aller Munde ist, wer- den Daten als strategischer Vermögenswert anerkannt. Dennoch muss sich in vielen Unternehmen das Verständnis dafür, wie Daten behandelt und verwaltet werden sollten, noch weiterentwickeln. Der schnelle technologische Fortschritt und die damit verbundene Fähigkeit, große Datenmengen gezielt auszuwerten, hat die Notwendigkeit einer zielgerichteten Da- tenverwaltung deutlich verstärkt. Insbesondere im Corporate Treasury stellt das eine nicht zu unterschätzende Herausfor- derung dar. Daten sind häufig über viele verschiedene, teils in- kompatible Systeme verstreut. Darüber hinaus werden sie dort oft nicht konsistent gepflegt. Unterschiedliche Datenquellen müssen intelligent verknüpft werden, um ein valides, aktuelles Treasury-Reporting zu er- möglichen. Automatisierte Reporting-Funktionen und der Ein- satz von Künstlicher Intelligenz (KI) bieten hier wertvolle Unter- stützung: Sie beschleunigen Prozesse, reduzieren Fehler- potenziale und vereinfachen Analysen. Das Ergebnis: höhere Reaktionsgeschwindigkeit, mehr Sicherheit – und letztendlich bessere Entscheidungen. Herausforderungen fragmentierter Quellsysteme Gerade im Treasury trifft man häufig auf gewachsene IT-Struk- turen. Daten liegen verteilt über verschiedene Systeme und 19
Datenbanken – mal in SAP, mal im TMS, mal in Excel-Dateien oder Drittanbieterlösungen. Eine durchgängige Sicht ist unter solchen Voraussetzungen schwer zu realisieren. Hinzu kommt, dass häufig manuelle Schritte nötig sind, um Re- ports zu erzeugen – etwa beim Abgleich aus mehreren Quellsys- temen oder bei der Interpretation uneinheitlicher Formate, bei- spielsweise unterschiedlicher Datumsangaben. Für ein belast- bares Reporting müssen die Quellen klar definiert, Redundanzen vermieden (zum Beispiel durch die zentrale Pflege von Kontoda- ten) und Zuständigkeiten eindeutig geregelt sein. Entscheidend ist zudem die Frage nach der Granularität: Welche Tiefe wird benötigt und wie aktuell müssen die Daten sein? Effiziente Datenflüsse gelingen nur dann, wenn Methoden wie Data Lineage sowie Technologien zur Qualitätsprüfung konse- quent eingesetzt werden. Automatisierte Prozesse reduzieren dabei nicht nur Fehler, sondern auch den Aufwand erheblich. Das stellt eine zentrale Voraussetzung für künftige Skalierbarkeit dar. müssen identifiziert, ihre Beziehungen verstanden und das Zu- sammenspiel fachlich validiert werden. Dabei erkennt man schnell: Viele der bisherigen Reporting- Elemente entwickeln sich über Jahre hinweg ohne durchgän- gige Dokumentationen, ohne einheitliche Definitionen. Das führt zu Inkonsistenzen, Mehraufwand und inhaltlichen Miss- verständnissen. Der Aufbau neuer Strukturen ist daher auch eine Gelegenheit, die bestehenden Reports zu hinterfragen und sich von Altlasten zu trennen. Aus technischer Sicht ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Fachbereich notwendig, um ein gemeinsames Verständnis für relevante KPIs, zeitliche Referenzen und operative Anforde- rungen zu schaffen. Dabei geht es nicht nur darum, bestehen- de Berichte zu „übersetzen“, sondern um eine echte Neuaus- richtung: Welche Kennzahlen sind wirklich entscheidungsrele- vant? Welche Prozesse dahinter müssen berücksichtigt wer- den? Wo braucht es Standardisierung und wo Flexibilität? Architektur mit Weitblick – SAC und Datasphere als langfristige Reporting-Lösungen Das Treasury-Reporting ist zumeist stark manuell geprägt, fehleranfällig und zeitintensiv. Auch wenn im SAP-Analytics- Umfeld Standardlösungen wie SAP BW/4HANA oder die SAP Analytics Cloud (SAC) grundsätzlich bekannt sind, werden diese bislang nur selten für diesen Anwendungsfall genutzt. Durch diese inhaltliche Klärung wird die Qualität der Reports deutlich erhöht - bei gleichzeitiger Reduktion des Pflegeauf- wands. Fachbereiche profitierten von nachvollziehbaren Strukturen, während die IT ein belastbares Modell erhält, das auch langfristig erweiterbar ist. Beispielsweise könnten KPIs in einer zentralen Datenschicht implementiert werden, anstatt diese an mehreren Stellen im Datenfluss anzulegen. Die Entwicklung einer zukunftsfähigen Architektur erfordert eine eingehende Analyse der bestehenden Systemlandschaft. Auf dieser Grundlage wird ein Konzept entwickelt, das auf der Ist-Situation aufbaut, und sie auf intelligente Weise mit der neuen verbindet. Das Herzstück dieser Lösung liegt in der Trennung von Fachlogik, Datenhaltung und Visualisierung. Während die SAP Datasphere für eine saubere und einheitliche Modellierung der Quellsystemdaten sorgt - also Daten aus ver- schiedenen (Dritt-) Quellen speichert, diese homogenisiert, anreichert und einheitlich in Datenmodellen bereitstellt – visu- alisiert die SAC Daten in Form von interaktiven Dashboards, die als PDF-Datei exportiert einen umfassenden Report bieten. Gleichzeitig erhalten Fachanwender dadurch nicht nur struk- turierten Zugriff auf konsolidierte KPIs, sondern können in der SAC eigenständig neue Perspektiven einnehmen, ohne tief in die IT eingreifen zu müssen. Dieser Self-Service-Ansatz er- möglicht es den Fachbereichen unter Zuhilfenahme bestehen- der Datenmodelle, eigene KPIs und Analysen zu ergänzen, ohne selbst Dashboards erstellen zu müssen. Das fördert nicht nur die Transparenz, sondern erhöht auch die Agilität. Neue Anforderungen lassen sich schneller umsetzen und Reports einfacher anpassen. Die Architektur ist somit nicht nur ein einmaliger Umbau, sondern ein strategisches Funda- ment für zukünftige (Weiter-) Entwicklungen und Skalierungen. Von Komplexität zum strukturierten System Ein zentraler Schritt in einem Projekt zur Optimierung des Treasury-Reportings ist die Aufbereitung der Daten – und zwar nicht nur technisch, sondern auch inhaltlich. Datenquellen Möglicher KI-Use Case im Treasury Ein durchdachtes Daten-Management ist auch die Vorausset- zung, um die Potenziale von KI möglichst gut nutzen zu kön- nen. Diese hält bereits seit geraumer Zeit Einzug in den Be- reich der Analytics, kann aber deutlich mehr als nur Daten aus- werten – sie kann Entwicklungen erkennen, bevor ihre Auswir- kungen sichtbar werden. SAP Joule bietet eine KI-Lösung, die in der Lage ist, histori- sche Daten zu analysieren und auf Basis definierter Parameter verlässliche Prognosen für die Zukunft abzuleiten. Das Tool kann innerhalb der SAC genutzt werden, um bestehende Da- tenmodelle mittels Prompts zu analysieren. Das ermöglicht ei- ne flexible Interaktion mit dem Benutzer. Dieser kann so mit Hilfe von KI-Modellen beispielsweise Szenarien für die Ent- wicklung der Liquidität oder von Marktpreisrisiken entwickeln. Damit könnte etwa der Einfluss weltweit gestiegener Zölle auf die Kennzahlen des Datenmodells analysiert werden. SAP Joule ist neben der reinen Analyse aber auch in der Lage, Handlungsempfehlungen auszusprechen und Prognosen auf Basis der Daten im Datenmodell aufzuzeigen. Ein erheblicher Vorteil hinsichtlich der Auswertungen ist, dass diese nicht an feste Dashboards gebunden sind. Nutzer kön- nen gezielt Abfragen stellen und erhalten grafisch aufbereitete Antworten ohne dabei die SAC direkt öffnen zu müssen. Das reduziert Zugriffszeiten und macht Entscheidungsprozesse deutlich flexibler. So wird KI im Treasury nicht zum Selbstzweck, sondern zum produktiven Werkzeug – eingebettet in eine Reporting-Land- 20
schaft, die sowohl Rückschau als auch Zukunft im Blick behält. Standardlösung oder Maßanzug? Die Automatisierung im Treasury-Reporting ist keine Schablo- ne, die sich auf jedes Unternehmen gleichermaßen übertragen lässt. Die Ausgangslage – insbesondere die vorhandene Sys- temlandschaft – entscheidet maßgeblich darüber, wie weit ei- ne Automatisierung sinnvoll und wirtschaftlich ist. Während manche Unternehmen bereits auf standardisierten Plattfor- men arbeiten, müssen andere zunächst ihre Datenquellen kon- solidieren und Prozesse harmonisieren. Was sich jedoch unabhängig von der Systemlandschaft sagen lässt: Es lohnt sich, frühzeitig in die Analyse und Strukturierung des Reportings zu investieren. Wer Transparenz schafft, kann schneller entscheiden. Wer Automatisierung ermöglicht, spart nicht nur Zeit, sondern reduziert auch operative Risiken, wie beispielsweise die Abhängigkeit von Einzelpersonen bei KPI- Logiken oder fehlerhafte Dateneingaben durch Mitarbeiter. Kurzum: Je früher Unternehmen ihr Reporting auf solide Beine stellen, desto besser sind sie vorbereitet – nicht nur in Bezug auf operative und strategische Entscheidungen, sondern auch auf die zunehmende Volatilität globaler Finanzmärkte. X1F ist ein führender Anbieter integrierter Lösungen für digitale Transformation für Banken, Versicherungen und die Financial Services Industry mit Hauptsitz in Hamburg. Die Unternehmens- gruppe beschäftigt rund 1.350 Mitarbeitende an mehr als 40 Standorten weltweit und erwirtschaftet einen jährlichen Um- satz von über 200 Millionen Euro. SLG ist seit September 2024 Teil der X1F Gruppe. Die Autoren: Mohammad Bilal Bhatti ist Senior Consultant bei X1F. Andrea Pállová ist Consultant bei X1F. TREASURY-SystemauswahlAuswahl eines Treasury-Management-SystemsWir begleiten den gesamten Prozess:Mit der SLG Systemplattform wählen Sie Ihr Treasury-Management-System transparent, effizient und nachvollziehbar. Sie erhalten stets aktuelle Anbieterinfos, direkten Zugang zu einem Fragenkatalog mit über 1.500 Kriterien und können die Antworten der Anbieter live vergleichen. Unsere Consultants ver-feinern Ihren Katalog und erstellen objektive, detaillierte Auswertungen für eine sichere Entscheidung. Und nach der Auswahl lassen wir Sie nicht allein.www.slg.co.atSystemkonzeptScopingSystemauswahlImplementierung
Asset Management Schockphasen offenbaren die Grenzen der Diversifikation In der modernen Portfolioverwaltung gilt Diver- sifikation als zentrales Instrument zur Risiko- reduktion. Durch die gezielte Streuung von An- lagen über verschiedene Assetklassen, Bran- chen und Regionen sollen unsystematische Risiken minimiert und die Gesamtrisikoexposi- tion eines Portfolios verringert werden. Dieses Prinzip beruht auf der Annahme, dass die Ren- diten einzelner Anlagen nicht vollständig mitei- nander korreliert sind. Doch wie stabil ist der Diversifikationseffekt in Krisensituationen? In Phasen extremer Marktturbulenzen – etwa während Finanz- krisen, geopolitischer Spannungen oder globaler Pandemien – zeigt sich jedoch regelmäßig, dass diese Annahme nicht gilt: Die Korrelationen zwischen vermeintlich unabhängigen Anla- gen steigen deutlich an, wodurch sich die erhofften Diversifi- kationseffekte zumindest temporär weitgehend auflösen. Dies stellt das klassische Risiko-Management vor erhebliche Her- ausforderungen und die Robustheit gängiger Strategien in Frage. Korrelationen – die Grundlage der Diversifizierungs- strategien Für die Analyse haben wir mehrere Assetklassen (Aktien, Anlei- hen, Gold) sowie Sektoren (abgebildet durch Sector ETFs) mit- einander verglichen. Während „normaler“ Marktphasen zeigt sich, dass der Korrelationskoeffizient zwischen diesen drei Haupt-Assetklassen zwischen –0,2 und +0,2 schwankt. Grund- sätzlich kann daher festgehalten werden, dass eine Korrelation von ca. 0, also keine Korrelation, vorherrscht. 22
Abb. 1: Heatmap einer Korrelationsmatrix der Renditen eines Tages im April 2013, der sehr nah am Durchschnitt liegt. Die hellen Felder deuten auf sehr geringe Korrelationen hin. Abb. 2: Heatmap der Korrelationsmatrizen der Renditen vom 20.10.2008 (Finanzkrise) und 11.03.2020 (COVID-19-Pandemie). Die dunklen Farben zeigen, dass die betrachteten Indizes stark durch diese Ereignisse beeinflusst wurden und weisen auch einen deutlichen Unterschied zu dem oben betrachteten Tag im April 2013 auf. Abb. 3: Gegenüberstellung von diversifiziertem und undiversifiziertem Risiko eines Portfolios, das auf die oben analysierten Indizes gleichverteilt ist. Die Abbildung zeigt, dass in Schockphasen auch das Risiko von diversifizierten Portfolios ähnlich stark ansteigt. Abb. 4: Rollierende Korrelationen zwischen Anlei- hen- und Aktienindizes, wobei der graue Bereich die Schwankungsbreite um den Mittelwert dar- stellt. Für eine möglichst robuste und interpretier- bare Darstellung wurden Renditen mit einer Lauf- zeit von 30 Werktagen verwendet und die Korrelationen auf Basis rollierender 250-Tage- Fenster berechnet. 23
Abbildung 1 zeigt, dass Aktien und Anleihenindizes für gewöhn- lich eher schwach korreliert sind. Aber wie verhalten sich die Korrelationen, wenn es zu einem externen Schock kommt? Hierbei können starke Bewegungen ausgelöst werden. Ein Beispiel dafür ist das Paar „EU Health“ und „High Yield”. Wäh- rend sich die Korrelationen an einem durchschnittlichen Tag um einen Wert von 0,3 bewegen, schnellt dieser in Schockpha- sen in die Höhe (siehe Abbildung 2). Für eine genaue Analyse dieses Sachverhalts muss zunächst herausgearbeitet werden, welches Renditeintervall und Fens- ter für die Korrelation herangezogen werden sollen. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass sich gewisse Muster nur in be- stimmten Ausprägungen zeigen. Ausgangspunkt unserer Überlegung war, dass das Zusammenbrechen von üblichen Schemata im Zuge externer Schocks kurzlebiger Natur sein könnte und daher für diese Zeiträume andere Parameter ver- wendet werden müssen. Die Wahl ebendieser für Renditeperiode und Korrelationsfens- ter erfolgte jedoch nicht arbiträr, sondern wurde gezielt an- hand historisch identifizierter Schockphasen kalibriert. Um die Perioden deutlich erhöhter Korrelation – wie sie typischer- weise in Krisensituationen auftreten – in der Tabelle sichtbar zu machen, wurde eine Hyperparameteroptimierung1 durchge- führt. Deren Ziel war es, jene Kombinationen von Renditelaufzeit und Fensterbreite2 zu identifizieren, die den durchschnittlichen Anstieg der Korrelationen während markanter Stressperioden offenlegen. Auf diese Weise sollte eine empirisch belastbare Visualisierung des Auflösens von Diversifikationseffekten in Krisenzeiten ermöglicht werden – also jener Dynamiken, bei denen ursprünglich unkorrelierte Assets in Extremsituationen plötzlich stark synchron reagieren und der Diversifikations- effekt dadurch weitgehend verloren geht. Steigende Korrelationen – Auswirkungen von externen Schocks Abbildung 2 zeigt eine Matrix der rollierenden Korrelationen der Renditen ausgewählter Assetklassen über einen festgeleg- ten Zeitraum. Die analysierten Indizes decken ein breites Spektrum an Marktsegmenten ab – darunter Aktienmärkte (z.B. S&P 500, STOXX Europe 600), sektorale ETFs (wie euro- päische Technologie- und Finanzwerte), Anleiheindizes (z.B. US-amerikanische und deutsche Staatsanleihen) sowie alter- native Anlageklassen wie Gold. Das Korrelationsfenster ent- spricht 35 und die zugrundeliegende Renditelaufzeit 25 Werktagen. Dargestellt sind zwei prägende Ereignisse der letzten beiden Jahrzehnte: die Finanzkrise von 2008 und die COVID-19-Pandemie mit Beginn im März 2020. Während der Finanzkrise 2008 zeigen deutsche Staatsanlei- hen mit zehnjähriger Laufzeit sowie US-Staatsanleihen mit zwei- und zehnjähriger Laufzeit nur geringe Korrelationen. Im Gegensatz dazu stehen alle anderen Sektoren stark miteinan- der in Zusammenhang. Gold und die zweijährigen deutschen Staatsanleihen weisen eine negative Korrelation auf, während die übrigen Assets überwiegend stark positiv korreliert sind. Ein ähnliches Muster zeigt sich zu Beginn der COVID-19- Pandemie: Nahezu alle Indizes weisen hohe absolute Korre- lationen auf. Auch hier bildet Gold eine Ausnahme mit einer nur sehr geringen Ausprägung im Vergleich zum Rest des Marktes. Ergänzend hierzu veranschaulicht eine weitere Grafik (siehe Abbildung 3) das Risiko eines gleichgewichteten Portfolios, das sich aus den zuvor beschriebenen Indizes zusammen- setzt. Diese sind dabei mit identischem Gewicht berücksich- tigt. Die Darstellung vergleicht zwei grundlegende Risiko- maße: 1. das diversifizierte Risiko (blaue Linie): Hierbei werden die tatsächlichen Korrelationen zwischen den Indizes einbezogen. Dieses Maß reflektiert den realistischen Diversifikationseffekt im Portfolio. 2. das undiversifizierte Risiko (rote Linie): Dieses basiert auf der Annahme vollständig unkorrelierter Renditen. Der Diversi- fikationseffekt wird dabei vollständig ausgeblendet, was zu ei- ner systematisch höheren Risikoannahme führt. Die Differenz zwischen diesen beiden Risikomaßen quantifi- ziert den Diversifikationseffekt. Je geringer die Korrelationen im Portfolio ausgeprägt sind, desto größer ist die Risikoreduk- tion durch Streuung. In stabilen Marktphasen liegt das diversi- fizierte Risiko daher deutlich unter dem undiversifizierten. In Krisenzeiten hingegen – wenn die Korrelationen stark anstei- gen – nähern sich die beiden Kurven einander an. Die in der Grafik hervorgehobenen Zeiträume kennzeichnen markante Schockphasen, in denen sich die Märkte außerge- wöhnlich synchron verhalten. Neben der globalen Finanz- krise von 2008 und der COVID-19-Pandemie ist auch der durch Trump ausgerufene „Liberation Day" im April 2025 auf- geführt. In diesen Perioden steigt die Korrelation zwischen den Asset- klassen deutlich an, was sich unmittelbar in einer Annäherung der beiden Risikokurven widerspiegelt: Das diversifizierte Ri- siko (unter Berücksichtigung von Korrelationen) nähert sich stark dem theoretischen Maximalrisiko an, das unter der An- nahme vollständig unabhängiger Renditen berechnet wird. Die Risikominderung durch Diversifikation verliert damit gerade in jenen Momenten an Wirkkraft, in denen sie besonders benötigt wird. Ein vertiefender Blick auf die zugrunde liegenden Korrelatio- nen liefert zusätzliche Einsichten in dieses Verhalten: Abbil- dung 4 zeigt, wie sich die Wechselbeziehungen zwischen An- leihen- und Aktienindizes im Zeitverlauf entwickeln – insbe- sondere im Umfeld ausgeprägter Marktschocks. In stabilen Marktphasen weisen viele dieser Indizes eine geringe oder so- gar negative Korrelation auf, was die Grundlage für den Diver- sifikationseffekt bildet. In den hervorgehobenen Schockphasen lässt sich hingegen ein abrupter Anstieg der Korrelationen beobachten. Renditen, die zuvor unabhängig oder gegenläufig verliefen, entwickeln sich plötzlich synchron. Diese Dynamik macht deutlich, dass 24
die Annahme dauerhaft niedriger oder stabiler Korrelationen auch in Krisenzeiten nicht hält. Fazit: Auf den Korrelationseffekt ist in der kurzen Frist kein Verlass Der Diversifikationseffekt – also jener risikomindernde Mecha- nismus, der unter normalen Marktbedingungen durch die Streuung über unkorrelierte Anlagen wirkt – verliert in Ausnah- mesituationen weitgehend seine Schutzfunktion. Infolgedes- sen steigt das reale Portfoliorisiko auf ein Niveau, das jenem eines vollständig undiversifizierten Portfolios ähnelt. Dieser Befund offenbart eine zentrale Schwäche klassischer Diversi- fikationsstrategien: Ihre Wirksamkeit nimmt gerade in jenen Phasen ab, in denen sie eigentlich besonders stabilisierend wirken sollte. 1 Hyperparameter bestimmen Struktur und Verhalten eines Modells über abhängige Parameter. 2 Fenster bezieht sich hierbei auf den Betrachtungszeitraum der rollierenden Korrelationen. Die Autoren: Simon Ellmeyer ist Consultant bei SLG. Christof Kornfeld ist Manager bei SLG. Intensiv-Lehrgang Zahlungsverkehr In einer Woche tief in alle Facetten des Zahlungsverkehrs eintauchen Fünf Tage, vollgepackt mit Praxiswissen zu Standards, Sicherheit und modernen Zahlungsarten – digital, kompakt und topaktuell. Die Module sind auch einzeln buchbar – ideal, wenn unterschiedliche Teammitglieder gezielt teilnehmen sollen. Technik, Trends und Herausforderungen im Zahlungsverkehr Effiziente Steuerung der internen Zahlungsströme Sicherheit im Zahlungsverkehr Erfolgsfaktoren im Online- Zahlungsverkehr ww.slg.co.at 25
Die deutsche Übersetzung dieses Interviews finden Sie hier: Sustainable Finance “We’ve seen the emergence of new structures designed to better align financial and structural terms with borrowers’ sustainability performance.” TreasuryLog talked to Gemma Lawrence- Pardew, Head of Sustainability at the Loan Mar- ket Association (LMA) in London, who shared her insights into market trends, challenges, and current innovations. TreasuryLog: It seems that we are experiencing a broad politi- cal backlash against sustainability. How do you perceive the current market environment? What might be the reason for this critical rhetoric? Gemma Lawrence-Pardew: It’s true that we’re witnessing a notable political backlash against sustainability, but I believe this should be understood within the context of a broader and more complex market evolution. The sustainable finance mar- ket has grown at an extraordinary pace; what was once a niche concern is now central to global finance. This rapid growth re- flects a shift from infancy into the dynamic and sometimes awkward phase of adolescence. It therefore seems natural for the market, regulators, and stakeholders to pause and reflect. Like any maturing system, sustainable finance must now con- sider what adjustments are needed, whether that means re- fining existing frameworks, introducing new ones, or simplify- ing our approach to focus on what truly matters. The goal is to guide the market into responsible, resilient adulthood. TreasuryLog: That sounds like a natural progression. Gemma Lawrence-Pardew: The theme of the LMA’s 2024 Sustainable Finance Conference drew inspiration from Homer’s Odyssey, reminding us that sustainability is not a fixed destination but an evolving journey. Like Odysseus, we must navigate uncertainty and headwinds with courage and collabo- ration, building an ecosystem that works for everyone. While the current rhetoric can sound alarmist, I don’t believe the backlash is as broad as it may appear. Rather, we are entering a new phase, one that will shape sustainability’s long-term le- gacy. Seen from another perspective, this criticism may actu- ally be a sign that sustainability has become too central and impactful to ignore. And that’s exactly why it must now be thoughtfully and responsibly stewarded into its next chapter. TreasuryLog: How do you assess the size of the sustainable finance market, given that transactions involving privately held companies are typically not disclosed? Gemma Lawrence-Pardew: Like many of our market partici- pants, we rely on data from third-party providers such as Dea- logic, Bloomberg, Reorg, and Loan Radar, as well as informati- on shared by our own members. The LMA itself does not collect or publish deal data directly. That said, through our Horizons 26
publication, we aim to provide quarterly metrics that offer in- sight into the size and trends within the sustainable finance market. Of course, given the private nature of the loan market, some data gaps are inevitable. TreasuryLog: Despite their greater flexibility, we have recently experienced a shift towards green instead of Sustainability- Linked Loans (SLL). Their financial benefit does not seem to outweigh the effort of preparation and the looming greenwa- shing risk. Can you confirm this trend? Gemma Lawrence-Pardew: We have indeed observed a shift in market dynamics, with green loans gaining increased momen- tum. In fact, they had green loans had a record year in 2024 , and this strong performance has continued into 2025. In Q1 2025 alone, green loans accounted for €41.7 billion in global issuance, representing 40% of total ESG lending and up from 32% a year earlier. By comparison, SLLs contributed €27.7 billion, reflecting a more measured pace of activity. This trend indicates gro- wing interest in instruments with clearly defined use-of-pro- ceeds structures, especially in an environment where transpa- rency and verifiability are in sharp focus. TreasuryLog: Will we continue to see a decline in SLL transactions? Gemma Lawrence-Pardew: The growing prominence of green loans should not be seen as diminishing the importance of SLLs. On the contrary, they have come to play a transformative role in global sustainable finance by shifting the focus from funding specific green projects to incentivising broader impro- vements in corporate sustainability performance. Unlike green loans, which require proceeds to be tied to environmentally focused projects, SLLs are structured around a borrower’s achievement of pre-agreed Sustainability Performance Targets (SPTs), typically linked to key performance indicators (KPIs) that reflect material ESG outcomes. This flexibility has made SLLs highly appealing across sectors, especially for companies whose sustainability ambitions span operations and strategy rather than discrete green investments. In this way, SLLs help embed sustainability into mainstream finance, offering a mechanism that rewards demonstrated progress rather than intent alone. TreasuryLog: So, their main advantage is structural flexibility? Gemma Lawrence-Pardew: Precisely. SLLs do not restrict the use of proceeds, making them well-suited to general corporate financing and easier to integrate into existing debt structures. Green loans require detailed project-level tracking and re- porting, SLLs focus on company-wide performance outcomes. This makes them particularly valuable for businesses with diver- se operations that may not align neatly with green taxonomies. Moreover, their forward-looking structure, where (typically) financial terms adjust based on sustainability performance, creates a direct economic incentive to deliver ESG improve- ments. So, whilst we are seeing a recalibration in favour of green loans in the current climate, SLLs remain a critical instru- ment in the sustainable finance landscape, especially for busi- nesses committed to long-term, enterprise-wide ESG progress. TreasuryLog: The LMA has refined its sustainability guidance and principles to provide greater clarity for both borrowers and lenders. Gemma Lawrence-Pardew: In March 2025, we introduced up- dates to our Green, Social, and Sustainability-Linked Loan Prin- ciples, along with their accompanying Guidance. These revisi- ons represent a significant step forward in strengthening both the transparency and integrity of the market, while also offering pragmatic flexibility for borrowers and lenders navigating incre- asingly complex sustainability goals. Looking specifically at the Sustainability-Linked Loan Principles, one of the most impor- tant changes introduced is the clarification that setting annual SPTs per KPI is not a mandatory requirement, provided there is a strong rationale for why annual targets are not appropriate. TreasuryLog: What made you decide that adjustment was necessary? Gemma Lawrence-Pardew: This adjustment acknowledges that in many cases, particularly those involving substantial operational transformations, infrastructure upgrades, or shifts in business models, meaningful sustainability improvements are unlikely to occur on an annual basis. Instead, the updates allow for longer-term or milestone-based targets, provided the borrower offers a compelling rationale. This added flexibility is especially relevant in industries with complex or capital-inten- sive sustainability transitions, where performance improve- ments are inherently multi-year in nature. The revised Guidance provides greater clarity on how the SLL Principles should be interpreted in practice, aiming to remove ambiguities that have occasionally led to inconsistent application across the market. TreasuryLog: Another market concern was the verification of KPIs. Gemma Lawrence-Pardew: A key development in this regard is the confirmation that “Where information has already been verified as part of a borrower’s (public) annual reporting or regulatory submission, it need not be verified again for the purposes of these SLLP (SLL Principles).” This clarification underscores the importance of encouraging borrowers to leve- rage existing verified information to more efficiently access the financial tools available through SLLs. Collectively, these updates aim to enhance market credibility by ensuring that targets remain robust and verifiable, while also being realistic and aligned to the operational contexts of different borrowers. Importantly, they reflect the maturing nature of the sustain- able finance market, moving towards a more nuanced and balanced approach that upholds integrity without stifling inno- vation or accessibility. TreasuryLog: Are any further refinements in the pipeline? Gemma Lawrence-Pardew: At present, we do not have further immediate refinements to the principles in the pipeline. We are mindful of the need to let revisions embed and avoid intro- ducing ongoing changes that could create uncertainty or com- plicate deal structuring. Instead, we remain focused on main- taining relevance, listening to market feedback, and ensuring that the principles continue to support confidence and credi- bility in sustainable finance. That said, we are actively working on several complementary areas of guidance, including transi- tion finance, the role of pure play companies and, in coming months, how to increase engagement with SMEs. 27
TreasuryLog: Which areas of sustainable finance are currently seeing the most innovation? What do you consider the most in- teresting developments? Gemma Lawrence-Pardew: The sustainable finance market continues to evolve at pace, constantly innovating to address a broader spectrum of sustainability objectives, from green and blue finance to nature conservation and social initiatives. This breadth reflects a growing recognition that sustainability is multidimensional and that financial tools must evolve accor- dingly. Within the SLL market, we are seeing particularly meaningful innovation. As borrowers and lenders navigate a dynamic macroeconomic environment, new structures are emerging that better align financial and structural terms with sustainability performance, while also offering flexibility in the face of unforeseen events, such as the COVID-19 pandemic. Innovation is not just about structure, it’s also about what is being measured. We are now seeing the development of more sophisticated KPIs that go beyond emissions reductions to in- clude themes such as biodiversity, nature protection, water usage, and social equity. These developments are helping the market move beyond a carbon-centric lens to a more holistic understanding of sustainability. TreasuryLog: That sounds like another challenge on the horizon. Gemma Lawrence-Pardew: More an opportunity than a challenge. Similarly, we are witnessing the expansion of the SLL framework into more complex borrower types, including sovereign-linked entities, public-private partnerships, and sub-sovereign bodies. This expansion is widening the applica- bility and relevance of Sustainability-Linked Finance across a broader base of issuers. Beyond traditional loans, we’re also seeing the rise of complementary instruments such as Sustain- ability-Linked Loan Financing Bonds and Sustainability-Linked Derivatives. These products are enhancing the flexibility and reach of sustainability-linked structures, facilitating their use across capital markets and corporate treasury functions alike. TLog: What are you particularly thinking about? Gemma Lawrence-Pardew: We currently have a number of active projects underway, with a strong focus on transition finance and the role of pure play companies. Looking ahead, we are planning to explore how the labelled market can better engage with SMEs, and we aim to update our model provisions for Sustainability-Linked Loans to reflect evolving best practi- ces. Additionally, we are in early-stage discussions regarding several potential collaborations focused on social themes, which we look forward to sharing more about in due course. We are also pleased to announce the recent launch of our new Middle East Sustainability Sub-Chapter. As part of this initiati- ve, we will begin developing dedicated projects tailored to the GCC region. Overall, it's a fascinating and vital space, one where creativity and finance must come together to help build a more sustainable, inclusive, and resilient future. It’s precisely this intersection of innovation, integrity and impact that makes sustainable finance such an exciting area to be part of. Gemma Lawrence-Pardew, Head of Sustainability, Loan Market Association With over 11 years of experience at the Loan Market Association (LMA), Gemma Lawrence-Pardew is responsible for overseeing LMA's work on sustainable finance, including supporting documen- tation, education, and regulatory initiatives. Gemma played a pivotal role in developing and publishing, alongside the dedicated Sustainability Committee, the Green, Social, and Sustainability- Linked Loan Principles and Model Provisions. These documents have set the standards and best practices for sustainable lending across various loan products, as well as providing essential guidance for the industry. Most recently, Gemma Lawrence-Pardew has focused on a transition project, exploring asset/activity-based transition strategies to enable the shift toward sustainability for all entities, not just those with extensive financial resources or exper- tise. Additionally, she has expanded the LMA's thought leadership and regulatory influence through her role as editor of “Horizons”, the LMA’s quarterly publication. She is also an active contributor to written media and frequently shares her insights as a speaker at industry conferences on sustainable finance topics. Market data For those seeking a more comprehensive snapshot, Natixis produ- ced an in-depth overview of the sustainable finance market for 2024, available via Market Outlook - Q5 - Horizons ESG. Bloomberg has also captured market activity in Q1 2025, which is reflected in Market Outlook - Q6 - Horizons ESG. Author: TreasuryLog: Thank you for taking the time to share your i nsights into the sustainable finance market with us. Dr. Edith Leitner is a partner at SLG. 28
Zahlungsverkehr Verification of Payee – zwischen regulatorischer Pflicht und praktischer Schwäche Die Einführung der Empfängerüberprüfung für SEPA-Überweisungen und SEPA-Echtzeit- Überweisungenen ist in letzter Zeit sehr prä- sent in Bank- und Treasury-Publikationen. Der Start dieser Maßnahme ist für den 9. Oktober 20251 geplant und es gab im Vorfeld eine sehr lange Phase der Unsicherheit bezüglich der konkreten Umsetzung, die eine angemessene Vorbereitung und Implementierung für Unter- nehmen schwierig macht. Das könnte bedeuten, dass einige Entscheidungen, die bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe Mitte August noch offen wa- ren, zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits getroffen wur- den. Dieser Beitrag bietet einen kurzen Überblick über die recht- lichen Grundlagen, zentrale Evaluationsfragen für Unternehmen, die Stimmungslage unter Corporate Treasurern sowie Aspekte der Empfängerüberprüfung jenseits bestehender Gesetzgebung. Um den Zahlungsverkehr in der EU sicherer zu gestalten, wur- de im Frühjahr 2024 die gesetzliche Verpflichtung zum Ab- gleich von IBAN und Namen des Zahlungsempfängers veran- kert. Diese Prüfung erfolgt vor Autorisierung einer Zahlung und das Ergebnis wird dem Zahler übermittelt. Im Verdachtsfall hat dieser die Möglichkeit, IBAN und Empfängername zu überprü- fen und zu korrigieren oder sie umgehend zur Zahlung freizu- geben. Für Zahlungsdienstnutzer, die keine Verbraucher sind, besteht die Option, bei Einreichung eines Bündels an Zahlun- gen auf die Empfängerprüfung zu verzichten („Opt-Out“). Aktuelle Fragestellungen für Banken und Unternehmen Im Corporate-Bank-Zahlungsverkehr ergeben sich auf Grund der Empfängerüberprüfung folgende zentrale Fragestellungen: Grundsatzentscheidung Empfängerüberprüfung: Ist im Un- ternehmen eine Empfängerüberprüfung erwünscht oder ist diese vorgeschrieben? Hierbei ist zwischen Einzel- und Sammelzahlungen zu unterscheiden. Technische Möglichkeiten – Kommunikationskanal: Über welchen Kanal findet die Kommunikation mit den Banken statt und wie ist die Empfängerüberprüfung damit abbild- bar? Für EBICS ist die Vorabprüfung über die Verteilte Elek- tronische Unterschrift (VEU) grundsätzlich möglich, für eine SWIFT- und H2H-Anbindung wird die banken- und länder- spezifische Umsetzung entscheidend sein. Technische Möglichkeiten – Zahlungsverkehrssystem: Nutzt das Unternehmen eine Bankenlösung oder ein bankunab- hängiges System und wie kann dieses folgende Prozess- schritte abbilden: Auswahl „Opt-In“/“Opt-Out“, Versand der Datei, Empfang und Verarbeitung der Prüfungsrückmel- dung, Umgang mit der Rückmeldung sowie deren Implikati- on auf mögliche Vorsysteme, aus denen Zahlungen angelie- fert werden, Autorisierung und Versand. Technische Anpassungen – Quellsysteme: Welche Anpas- sungen sind in Systemen vorzunehmen, aus denen Zahlun- gen angeliefert werden, beispielsweise die Information, ob ein „Opt-In“ gewünscht ist. 29
Relevanz der Empfängerüberprüfung für eingehende Zahlungen Bisher lag der Fokus auf dem ausgehenden Zahlungsverkehr. Jedoch sind Unternehmen auch bei eingehenden Zahlungen von der Empfängerprüfung betroffen. Hierbei besteht die Sor- ge, dass potenzielle No-Match-Ergebnisse zu Zahlungsabbrü- chen auf (Privat-)Kundenseite führen und damit verzögerte Zahlungseingänge nach sich ziehen. Um dem entgegenzuwir- ken, arbeiten viele Banken am Aufbau einer Alias-Datenbank. Dazu ist es erforderlich, der Bank die gewünschten Schreib- weisen des Firmennamens (bzw. des Kontoinhabers) bekannt zu geben. Für Unternehmen selbst ist die Information der Zahlungs- pflichtigen über die korrekten Kontoinhaber (gem. Kontoeröff- nungsunterlagen) von Bedeutung. Möglicherweise könnte das Hinzufügen eines QR-Codes, der die Zahlungsinformationen auf der Rechnung übermittelt und im Electronic-Banking-Sys- tem korrekt erfasst, von Vorteil sein. Stimmen aus der Praxis Gespräche zur Jahresmitte mit unseren Kunden zeigten, dass diese im laufenden Austausch mit ihren Banken waren, aber konkrete Vorgaben vermissten. Auch die meisten Systeman- bieter hatten noch keine Lösungen präsentiert. Viele planten, wo immer möglich, ein „Opt-Out“, während einige differenzierte Ansichten äußerten und zusätzliche Sicherheitsvorteile für sich erkannten – vorbehaltlich der technischen Lösung und Auswirkungen auf den Zahlungsprozess. Alternative Ansätze zur Empfängerüberprüfung Sollten langfristig alle Unternehmen das „Opt-Out“ präferieren, könnte dies einerseits als Ausdruck der langewährenden Unsi- cherheit bei der Umsetzung und schwierigen Integration in be- stehende Prozesse interpretiert werden. Andererseits kann dies auch bedeuten, dass sich die Unternehmen ihrer Stamm- daten sehr sicher sind. Deren Verifizierung hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Bereits vor den ak- tuellen gesetzlichen Vorgaben haben wir mit unseren Kunden nicht nur über manuelle, sondern auch über Möglichkeiten der automatisierten Empfängerüberprüfung diskutiert. Bankspe- zifische Pre-Validation-Lösungen oder Spezialdienstleister können die Validität der Bankstammdaten für nationale und in- ternationale Zahlungen erhöhen. Wobei auch hier eine Reihe an Herausforderungen wartet. Dennoch, wenn die Prüfung (häufig über APIs) bereits an den Stammdaten für Zahlungen, und nicht im tatsächlichen Zahllauf ansetzt, sind die Auswir- kungen auf die Prozesse deutlich geringer und insbesondere der Umgang mit No-Matches ist einfacher. Der Zahlungsverkehr bleibt für unsere Kunden jedenfalls ein spannendes Themenfeld, insbesondere im Hinblick auf die ebenfalls laufende Umstellung auf aktuelle xml-Formate oder die Pflege von strukturieren Adressdaten. Dass ab 9. Oktober auch die SEPA-Echtzeitzahlung flächendeckend und unlimi- tiert in den EUR-Ländern zur Verfügung stehen muss, gerät dabei fast in den Hintergrund. 30 Aktuelles zur Verification of Payee – Empfängerüberprüfung Mitte des Jahres und circa zwei Monate vor dem Start der gesetzlich vorgeschriebenen Empfängerüberprüfung für SEPA-Überweisungen und SEPA-Echtzeit-Überweisungenen wurden weitere Umsetzungs- details von Bankenseite kommuniziert. Nachfolgend finden Sie ein kompaktes Resümee, wobei detaillierte Informationen über Bankbrie- fe erfolgen bzw. bereits auf einigen Banken-Websites verfügbar sind. In Österreich haben sich die meisten Banken auf eine einheitliche Vorge- hensweise geeinigt. Zusammenfassend gilt überwiegend folgendes: Für eine final gezeichnete Datei, unabhängig von der Anzahl der enthaltenen Zahlungen, wird keine Empfängerüberprüfung durchgeführt. Bei Sammel- überweisungen erfolgt diese standardmäßig ebenfalls nicht, ein „Opt-In“ ist jedoch möglich. Ein „Opt-Out“ ist bei nicht autorisiert (= final gezeichnet) angelieferten Einzeltransaktionen nicht zulässig. Diese Prinzipien sind derzeit festgelegt, jedoch ist in jedem Unterneh- men zu prüfen, auf welche Art und Weise die Kommunikation mit der Bank erfolgt, insbesondere im Hinblick auf die dabei verwendete Auto- risierung. In der EBICS-Kommunikation (versionsabhängig!) besteht durch die Verteilte Elektronische Unterschrift (VEU) die Möglichkeit, die Zahlungsdatei zur Empfängerüberprüfung an die Bank zu übermitteln, bevor diese final unterschrieben ist. Bei der SWIFT-Kommunikation hin- gegen wird die Zahlung als bereits final gezeichnet angesehen. Eine andere Anbindungsart ist individuell zu betrachten. In Deutschland hat Mitte August die BaFin die Rahmenbedingungen weiter spezifiziert. Generell scheint es, als werde auch hier eine Ein- reichung von Sammelzahlungen wie bisher als „Opt-Out“ behandelt. Wie mit Dateien mit nur einem Überweisungsauftrag verfahren wird, war lange Zeit unklar: Ablehnung oder Zwangs-„Opt-In“ standen im Raum. Jetzt ist klar, die BaFin duldet bis auf Weiteres, dass Banken auch für solche Transaktionen ein „Opt-Out“ ermöglichen. Möchte man die VOP durchführen, kann dies in der EBICS-Kommunikation mittels VEU ab- gebildet werden. Für die Empfängerprüfung bei Anlieferung über an- dere Kanäle (H2H, SWIFT) ist die Vorgehensweise in Deutschland nicht eindeutig: Ein grundsätzliches „Opt-Out“ oder die Nutzung zusätzlicher Bankportale zur Autorisierung sind möglich. Systemanbieter müssen sich ebenfalls mit der bestehenden Unsicher- heit und den unterschiedlichen Lösungsansätzen auseinandersetzen. Verschiedene Änderungen werden bereits geprüft, und einige Anbieter stellen bereits VOP-Module vor, die insbesondere die Rückmeldungen der Banken zur VOP-Prüfung (im Standard pain.002) darstellen können. 1 Gemäß EU Instant Payments Regulation für alle Zahlungen zwischen PSPs in EU/EWR. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/ HTML/?uri=OJ:L_202400886 (abgerufen Juli 2025) Die Autorin: Sonja Bauer ist Senior Manager bei SLG.
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