TreasuryLog TFC 2024

TreasuryLog I n f o r m a t i o n e n f ü r Tr e a s u r e r u n d F i n a n z v e r a n t w o r t l i c h e , s e i t 1 9 9 2 h e r a u s g e g e b e n v o n S c h w a b e , L e y & G r e i n e r TFC/2024 SONDERAUSGABE: TFC 2.0 Möglichkeiten Treasury und Finance zwischen geopolitischen Unsicherheiten und neuen technologischen 4 6 7 Die Vertrauenskrise der Demokratie Politologe Peter Filzmaier sprach in seiner Keynote über den Status quo der Demokratie in Österreich. „Warum sprechen wir nicht über die Erfolge?“ Die Herausforderungen Europas und Stärken der EU standen bei Martin Schulz im Mittelpunkt. Mehr als nur der „Herr der Zahlen“ Die Rolle der CFOs zwischen Führungspersönlichkeit und Sparringspartner der CEOs. 20 Christian Drastil fängt die Stimmen der Finanzwelt ein. Den neuen Podcast zur TFC gab es live vor Ort und auch für Sie zum Nachhören. Retouren an Schwabe, Ley & Greiner, Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße 3, 1100 Wien, Erscheinungsort Wien, P. b. b., EUR 7,– / CHF 11,– Erscheinungsdatum 27. September 2024, 31. Jahrgang, Zulassungsnummer 02Z034304

21.-23. Mai 2025 in Mannheim 36. FINANZSYMPOSIUM Der führende Kongress für Treasury- und Finanz-Management in Europa Die Keynotes stehen fest Stefanie Babst Stellvertretende Beigeordnete NATO-Generalsekretärin a.D. Dr. Gregor Gysi Jurist und Politiker der Partei DIE LINKE Dr. Julia Shaw Bestsellerautorin und promovierte Kriminalpsychologin Karl-Theodor zu Guttenberg Bundesminister a. D. Werden Sie Teil des größten Finanzkongress in Europa und knüpfen Sie wertvolle Kontakte! Mit einer breiten Palette an Themen ist das Finanzsymposium die ideale Plattform, um die Finanzwelt in all ihren Facetten zu erkunden. Disku- tiert wird u. a. über: Corporate Finance, Cash-Management, finanzielles Risiko-Management, Asset-Management und technologische Innovationen. www.finanzsymposium.com

Editorial Liebe Leserinnen und Leser, als wir im Vorjahr erstmals unsere Treasury & Finance Convention (TFC) in Schladming ausrichteten, haben wir das mit einem sehr ambitionierten Ziel verknüpft: den führenden Branchentreff für Finanzverantwortliche in Öster- reich zu etablieren. Ein Jahr später und nachdem vom 11. bis 13. September die zweite Ausgabe der TFC über die Bühne gegangen ist, können wir mit Fug und Recht behaupten, diese Messlatte erreicht zu haben. Knapp 450 Teilnehmer, 72 Referenten und 31 Partner durften wir in Schladming begrüßen. Drei Tage lang standen spannende Diskussionen und intensiver Austausch im Mittelpunkt. Die Keynotes von Peter Filzmaier und Martin Schulz stellten zwei- felsohne Highlights dar. Der bekannte Politikwissenschaftler Filzmaier ging unter anderem auf das fehlende Vertrauen in die Politik und den damit einher- gehenden Gefahren angesichts des erstarkenden Populismus ein. Martin Schulz, ehemaliger Präsident des Europäischen Parlaments, wies in einer Re- de, die den Zuhörern unter die Haut ging, auf die Wichtigkeit der Demokratie und der Bedeutung der EU als Einheit im Hinblick auf globale Herausforderun- gen hin. Große Herausforderungen stehen an Inhaltlich hatte der Kongress einiges zu bieten. Die ökonomische Zukunft Eu- ropas wurde etwa auch im Rahmen einer Podiumsdiskussion beleuchtet. Da- bei ging es um die Frage, wie sich die Wirtschaftsmacht am globalen Markt behaupten kann, warum Europa gerade jetzt intensiv auf seine Stärken setzen muss, aber auch als „Disneyland der Weltwirtschaft“ enden könnte. Wie ein roter Faden zogen sich die großen Herausforderungen ESG, Digitali- sierung und Künstliche Intelligenz durch die Veranstaltung. Ebenso häufig wurde über die Auswirkungen der aktuellen geopolitischen Spannungen ge- sprochen. Deren Effekte auf Lieferketten, Märkte und Finanzierungsentschei- dungen belasten die Wirtschaft enorm und zwingen Führungskräfte zu perma- nenter Flexibilität. Spannend war auch die Diskussion der CFOs, die für sich in Anspruch nehmen, eine neue, wichtigere Rolle in Unternehmen einzunehmen als noch vor einigen Jahren. Es geht nicht mehr nur darum, „die Zahlen im Griff zu haben“, sondern als strategischer Treiber in Vorstand oder Geschäftsfüh- rung die Geschicke von Unternehmen mitzugestalten. Auf ein Neues im nächsten Jahr! In den folgenden Beiträgen können sie nachlesen, was die Teilnehmer bewegt hat, vor welchen Herausforderungen die Branche steht und welche Lösungs- ansätze es gibt. Neben diesen „ernsten“ Themen war natürlich auch für Unter- haltung gesorgt. So gab es einen Willkommensabend, die #glaubandich Aust- rian Night, eine „Aussteller-Rallye", bei der man tolle Preise gewinnen konnte oder einen Podcast Corner, wo die Stimmen wichtiger Persönlichkeiten aus der Finanzbranche eingefangen wurden. Ein herzliches Danke an alle Teilnehmer, Redner, Partner und das Organisati- onsteam für eine rundum gelungene Veranstaltung. Für eine Fortsetzung ist schon gesorgt: vom 10. bis 12. September 2025. Bitte gleich im Kalender mar- kieren! Bis dahin, Ihr Michael Juen Inhalt 4 Die Vertrauenskrise der Demokratie Politologe Peter Filzmaier sprach in seiner Keynote über den Status quo der Demokra- tie in Österreich. 6 „Warum sprechen wir nicht über die Erfolge?“ Die Herausforderungen Europas und Stärken der EU standen bei Martin Schulz im Mittelpunkt. 7 Mehr als nur der „Herr der Zahlen“ Die Rolle der CFOs zwischen Führungsper- sönlichkeit und Sparringspartner der CEOs. 10 „Unser wichtigstes Ziel ist die finanzielle Gesundheit der Unternehmen.“ Im Interview spricht Hans Unterdorfer von der Erste Bank über Herausforderungen und Entwicklungen am Finanzmarkt. 11 Zwischen Mensch und Maschine Warum in Zeiten von KI im Cash-Manage- ment immer auch der „Faktor Mensch“ notwendig sein wird. 13 Stabile Strategie und flexibel im Detail Eine Welt im Wandel macht neue Finanzie- rungstrategien erforderlich. 15 Impressionen von der Treasury & Finance Convention 2024 Einige der vielen Highlights der TFC haben wir in dieser Ausgabe bildlich für Sie festgehalten. 18 „Es braucht Mut und eine klare Strategie!“ Die Zukunft der Wirtschaftsmacht Europa unter der Lupe. 20 Christian Drastil fängt die Stimmen der Finanzwelt ein. Den neuen Podcast zur TFC gab es live vor Ort und auch für Sie zum Nachhören. 20 Von Stand zu Stand zum Schladminger Nachtslalom Interaktivität stand im Zentrum der Rallye, die Teilnehmer und Aussteller in näheren Kontakt brachte. Offenlegung nach § 25 Mediengesetz: Herausgeber + Medieninhaber: Schwabe, Ley & Greiner Gesellschaft m.b.H., Beratung, Gertrude-Fröhlich-Sandner-Straße 3, 1100 Wien, Österreich, Tel.: +43-1-585 48 30, Fax: +43-1-585 48 30-15, E-Mail: info@slg.co.at, URL: www.slg.co.at Geschäftsführer: Martin Winkler, Georg Ehrhart, Philip Tüttö, Michael Juen Grundlegende Richtung: Unabhängige und objektive Information für Finanzverantwortliche, Treasurer und Banker im deutschsprachigen Raum Autoren und Mitarbeiter in dieser Ausgabe: Oliver Astl-Lipusz, Michael Juen, Bianca Kral, Mario Offenhuber, Mariana Tomash, Elisabeth Winkler Produktion und Anzeigen verwaltung: Schwabe, Ley & Greiner Grafische Umsetzung: dolezal:media, Susanne Dolezal-Ortner Druck: Print Alliance HAV Produktions GmbH, Druckhausstraße 1, 2540 Bad Vöslau. Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht der Meinung der Redaktion entsprechen. TreasuryLog ist auch online zu lesen auf www.slg.co.at/Publikationen 3

Peter Filzmaier, hier im Gespräch mit Moderatorin Mariella Gittler, ist einer von Österreichs Top-Politologen (Photo Credit: Harald Steiner). Keynote Peter Filzmaier Die Vertrauenskrise der Demokratie In einer kurzweiligen und gleichzeitig eindringlichen Keynote beleuchtete der Politikwissen schaftler Peter Filzmaier die aktuelle Lage der Demokratie in Österreich und skizzierte zugleich ihre größten Herausforderungen. Filzmaier begann seine Rede mit einem augenzwinkernden Einstieg. Sich selbst als „Friendly Alien" bezeichnend, räumt er ein, dass er bei einem Kongress, bei dem es um Geld und Fi- nanzen geht, über das unpopuläre Thema Politik spricht. Rasch führte die Keynote jedoch zu einem sehr ernsten The- ma: der zunehmenden Ablehnung der Demokratie. Die politische Landschaft polarisiert stark. Das spiegelt sich in zahlreichen Themen wider, von der Steuer- und Vermögenspo- litik über Migration bis hin zur Arbeitszeitregelung. In diesen Bereichen gibt es laut Filzmaier oft keine sachliche Diskussion mehr, sondern eine starke ideologische Trennung, die die Ge- sellschaft spaltet. Polarisierung in der Politik Der Politologe legte eine alarmierende Tatsache offen: Nur noch etwa zwei Drittel der Österreicher sehen die Demokra- tie als beste Regierungsform. Besonders schockierend ist, dass sieben Prozent sie sogar aktiv ablehnen. Viele davon sind junge Männer, die sich radikalen politischen Strömun- gen zuwenden. „Das Grundproblem ist die Vertrauenskrise“, erklärt er, „die die Basis unseres politischen Systems unter- gräbt.“ Die Krisen der letzten Jahre – vor allem Corona, Krieg und Kli- makrise – haben diese Konfliktlinien zusätzlich verschärft. Das betrifft nicht nur Österreich, sondern ist in vielen westlichen Demokratien ähnlich stark ausgeprägt. Die Polarisierung führt dazu, dass Parteien sich in einen Wettbewerb der Negativität stürzen und dabei ihre eigene Glaubwürdigkeit untergraben. Filzmaier warnt vor den langfristigen Folgen dieser Strategie: „Parteien ruinieren nicht nur ihr eigenes Image, sondern auch das der gesamten Demokratie.“ 4

Besonders kritisch sieht Filzmaier den Generationenkonflikt in Österreich. Die demografische Struktur der Wählerschaft führt dazu, dass ältere Wähler eine überproportional große Rolle bei Wahlen spielen. Während die Generation 16 bis 18 nur einen sehr geringen Anteil der Wahlberechtigten ausmacht, sind Menschen über 80 zahlenmäßig weit überlegen. Dies führt da- zu, dass junge Menschen häufig das Gefühl haben, ihre Stimme hätte keinen Einfluss – eine Situation, die Filzmaier als äußerst frustrierend für die junge Generation beschreibt. Das manifes- tiert sich in einer zunehmenden Abkehr von politischen Pro- zessen und sinkender Wahlbeteiligung. Bildungskluft und Geschlechterunterschiede Ein weiteres Thema, das Filzmaier anspricht, ist die wachsen- de Bildungskluft. Der formale Bildungsgrad hat einen signifi- kanten Einfluss auf politische Einstellungen. Menschen mit ei- nem höheren Bildungsabschluss tendieren dazu, moderatere und demokratischere Ansichten zu vertreten. So hätte Alexan- der Van der Bellen bei der Bundespräsidentenwahl 2016 eine Dreiviertelmehrheit erreicht, wenn nur Menschen mit Matura oder einem Studienabschluss gewählt hätten. Dagegen hätte FPÖ-Kandidat Norbert Hofer eine Zweidrittelmehrheit gewon- nen, wenn nur Personen ohne Matura wahlberechtigt gewesen wären. „Das zeigt die Bildungskluft, über die niemand spricht, aber die unsere politische Landschaft prägt“, erklärte er. Ähnlich verhält es sich mit der Geschlechterkluft: Würden nur Frauen wählen, wäre die FPÖ nicht in der aktuellen Position, die sie laut Umfragen innehat. Männer neigen stärker zu radi- kaleren Parteien, während Frauen tendenziell moderate oder progressive Parteien bevorzugen. Fehlendes Vertrauen als Nährboden für Populismus Ebenfalls im Zentrum der Rede Filzmaiers steht die Vertrau- enskrise in Bezug auf die Politik und politische Institutionen. Der APA-OGM-Vertrauensindex zeigt, dass das Vertrauen in zentrale Institutionen stark abgenommen hat. Während der Bundespräsident noch ein positives Vertrauenssaldo von 28 Punkten verzeichnet, liegt die Bundesregierung bei einem Mi- nus von 39 Punkten. Das bedeutet, dass etwa 70 Prozent der Bevölkerung der Bundesregierung nicht vertrauen. Filzmaier betont, dass dieses Misstrauen nicht nur die Regierenden be- trifft, sondern sich auf das gesamte politische System aus- weitet. Auch auf individueller Ebene sieht es düster aus: Weniger als 10 Prozent der Österreicher vertrauen Politikern, unabhängig von deren Parteizugehörigkeit. Damit rangiert die politische Klasse nur knapp vor Berufsgruppen wie Zuhältern oder Waf- fenhändlern. Das unterstreicht die Dringlichkeit, mit der das Vertrauen in die Demokratie wiederhergestellt werden muss. Für den Politologen ist Populismus eine der größten Bedro- hungen. Populisten profitieren von der Vertrauenskrise und der zunehmenden Frustration der Bevölkerung. Besonders junge Männer aus bildungsferneren Schichten sind anfällig für „einfache Lösungen“. Fake News und radikale Positionen ge- winnen die Oberhand. Selbst die absurdesten Lügen werden von Teilen der Bevölkerung für bare Münze gehalten. Politische Bildung als Lösung Das wirksamste Mittel gegen Populismus und Polarisierung ist für Filzmaier Bildung – und da vor allem politische Bildung. Ös- terreich hinkt hier allerdings hinterher. Während in Deutsch- land aufgrund der historischen Verantwortung eine starke poli- tische Bildung verankert wurde, habe sich Österreich über Jahrzehnte als erstes Opfer des Nationalsozialismus stilisiert. In diesem Umfeld konnte sich politische Bildung nur sehr spät entwickeln. Filzmaier fordert eine umfassende Reform des Bildungssys- tems, die politische Bildung als festen Bestandteil in Schulen verankert. Dies sei jedoch keine kurzfristige Lösung: Politi- sche Bildung wirke erst über Jahre oder Jahrzehnte. In der Zwischenzeit müsse man mit den aktuellen Problemen umge- hen und versuchen, die Demokratie zu stabilisieren. Der Weg nach vorne: Mehr Chancengleichheit In seiner Schlussfolgerung ruft er zu mehr Chancengleichheit auf. Er sieht darin einen Ausweg aus der Vertrauenskrise und den politischen Konflikten. Der Streit zwischen Leistungs- und Verteilungsgerechtigkeit, der oft die politische Debatte domi- niert, sei weniger relevant als die Frage der Chancengerech- tigkeit. „Bildung ist der Schlüssel“, betonte Filzmaier. „Ohne faire Bildungschancen wird es keine echte Chancengleichheit geben.“ Damit könne sowohl die soziale als auch die politische Kluft verringert werden. Zum Abschluss seiner Rede appelliert Filzmaier an die Verant- wortung jedes Einzelnen. Demokratie sei nicht nur eine forma- le Regierungsform, sondern auch eine tägliche Praxis. Diese müsse sowohl in der Familie, am Arbeitsplatz als auch im öf- fentlichen Leben gelebt und gestärkt werden. Nur so könne die schleichende Entdemokratisierung, die er als eine der größten Bedrohungen sieht, aufgehalten werden. Entscheidend sei, dass alle gesellschaftlichen Akteure – von der Politik über die Wirtschaft bis hin zur Zivilgesellschaft – ih- ren Teil dazu beitragen. Politische Bildung, Medienkompetenz und ein gemeinsames Eintreten für demokratische Werte sei- en der Schlüssel, um das Vertrauen in die Demokratie wieder- herzustellen und die politische Spaltung zu überwinden. Der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier hat sich in Österreich vor allem durch seine politischen Analysen für den ORF einen Na- men gemacht. Diese gelten als pointiert und dabei immer wissen- schaftlich präzise. Seine Themenschwerpunkte sind breitgefächert und umfassen unter anderem Wahlforschung, politische Bildung sowie internationale Politik. Neben seinen medialen Auftritten ist Filzmaier auch stets der Wis- senschaft treu geblieben und hat Lehrstühle an der Donau-Univer- sität Krems und der Karl-Franzens-Universität Graz inne. Zudem ist er geschäftsführender Gesellschafter des Instituts für Strate- gieanalysen (ISA) in Wien. 5

Keynote Martin Schulz „Warum sprechen wir nicht über die Erfolge?“ In seiner Keynote „Europa – was nun?“ beschreibt Martin Schulz, der ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments, die Herausforderungen der EU in einer zunehmend komplexen Welt. „Die Demokratien sind weltweit in der Minderheit“, betont Mar- tin Schulz am Beginn seiner Rede. Im Vormarsch sind dagegen autoritäre Regime, für die Freiheitsrechte und Grundwerte we- nig Bedeutung haben. Für die EU, die sich als Union demokra- tischer Staaten versteht, stellt dies eine besondere Herausfor- derung dar. Beschleunigung und Komplexität Schulz sieht die Digitalisierung als eine der größten Verände- rungen unserer Zeit, die alle Lebensbereiche betrifft – von der Wirtschaft über die Politik bis zur Kultur. „Die Top-Nachricht von sechs Uhr morgens ist abends schon Historie“, sagt Schulz und beschreibt, wie die Beschleunigung des Nachrichtenflus- ses durch das Internet enormen Handlungsdruck erzeugt. Gleichzeitig führt die digitale Welt dazu, dass „immer einfache- re und schnellere Lösungen“ für zunehmend komplexe Proble- me gefordert werden – ein Spannungsfeld, das besonders De- mokratien belastet, die auf Partizipation und langsame Ent- scheidungsprozesse setzen. Ein Kernproblem sei der Widerspruch zwischen der Notwendig- keit von Mitbestimmung und der zunehmenden Ungeduld der Bevölkerung. „Je mehr wir Menschen einbinden können, desto besser für die Demokratie“, erklärt Schulz. Aber dieser Prozess brauche Zeit – Zeit, die in einer schnelllebigen Welt oft fehle. Dieses Spannungsfeld nutzen Populisten, die einfache Lösun- gen versprechen. „Populisten füllen das Vakuum, das durch die langsamen demokratischen Prozesse entsteht“, so Schulz. Europas Einzigartigkeit und der Frieden Trotz dieser Herausforderungen sieht Schulz die EU als ein einzigartiges und bewährtes Friedensprojekt. „Die Kriege, die in Brüssel geführt werden, sind Papierkriege. Die kosten keine Menschenleben.“ Für Schulz ist die Europäische Union „das er- folgreichste friedensstiftende Politikmodell der Menschheits- geschichte.“ Der Wert dieses Friedensprojekts ist für ihn auch ein persönli- cher. Sein älterer Bruder wurde 1944 während eines Bombar- dements geboren, seine Mutter verbrachte mit dem Neugebo- renen drei Monate in einem Keller. Schulz selbst wuchs hinge- gen in Frieden, Wohlstand und Freiheit auf. „Ich hatte von allem immer mehr: mehr Rechte, mehr Geld, mehr Freiheiten, mehr Freizeit, mehr Privilegien, mehr Bildung, mehr Zugang zu Infor- 6 Martin Schulz wies in einereindrucksvollen Rede auf die Bedeutung der Europäischen Union als starke Einheit hin. (Photo Credit: Harald Steiner) mation.“ Dies sei nur durch die europäische Zusammenarbeit möglich gewesen. Eine globale Herausforderung Schulz betont, dass Europa nur durch Zusammenarbeit auf globaler Ebene Bedeutung hat. „Alleine ist jedes einzelne Land der EU schwach.“ Besonders im Wettbewerb mit autoritären Regimen wie China oder Russland sei es notwendig, als geein- te europäische Kraft aufzutreten. Die wirtschaftliche und poli- tische Stärke Europas könne nur im Verbund bestehen, da kein Land für sich allein im 21. Jahrhundert gegen die Supermächte bestehen könne. Trotz aller Herausforderungen blickt er optimistisch in die Zu- kunft. „In zehn Jahren wird die EU stärker sein, als sie es heute ist.“ Die europäische Einigung sei die Antwort auf die globalen Herausforderungen, und Schulz plädiert dafür, die Erfolge mehr zu würdigen: „Warum lassen wir eigentlich zu, dass nicht über die Erfolge geredet wird?“ Für Schulz bleibt die EU das zentrale politische Projekt des 21. Jahrhunderts, das den Frie- den und Wohlstand in Europa auch in Zukunft sichern wird. Martin Schulz begann seine politische Karriere bei der SPD, wo er unter anderem Bundesparteivorsitzender und Kanzlerkandidat war. Von 2012 bis 2017 war er Präsident des Europäischen Parlaments. Seit 2020 ist Schulz Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung, die sich für Chancengerechtigkeit, politische Bildung und internatio- nale Kooperationen einsetzt.

Bei der Podiumsdiskussion versammelten sich (v.l.n.r.) Hans Unterdorfer, Manuel Molnar, Petra Preining, Moderatorin Mariella Gittler, Manuela Waldner, Martin Vörös und Michael Juen auf der Bühne. (Photo Credit: Harald Steiner) Herausforderungen für CFOs Mehr als nur der „Herr der Zahlen“ Die Rolle des Chief Financial Officer (CFO) hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Von der Verwaltung des Finanzflusses und der Erfüllung gesetzlicher Anforderungen hin zum strate gischen Sparringspartner des CEO stehen CFOs heute vor einer Vielzahl an Herausforderungen, die neue Denkansätze erfordern. Bei der Podiumsdiskussion „Die Top-Prioritäten der CFOs am 5-Jahresplan“ tauschten sich Finanzvorstände führender Unternehmen über Problemstellungen und Rollenverständnis aus. Ein zentrales Querschnittsthema in vielen Gesprächen der diesjährigen Treasury & Finance Convention kann man mit dem Begriff „VUCA“ trefflich zusammenfassen: Volatility, Uncertainty, Complexity und Ambiguity. Die Welt wird komple- xer und gegebene Rahmenbedingungen volatiler. In Zeiten des Wandels sieht man sich mit Herausforderungen konfrontiert, von denen man vor Kurzem noch nicht wusste, dass es diese gibt. Ein roter Faden des Kongresses, der auch in der Diskussi- on der CFOs aufgenommen wurde. „Wir leben in einer Zeit, die in den letzten zwei Jahren massiv an Tempo aufgenommen hat“, erklärte etwa Petra Preining, CFO bei AT&S. Als international agierender Konzern sieht sich der Leiterplattenhersteller mit neuen makroökonomischen und geopolitischen Herausforderungen konfrontiert. Seien es unterbrochene Lieferketten, Kriegsrhetorik oder schwer vor- hersehbare Zins- und Inflationsentwicklungen. Diese Dinge er- fordern einerseits schnelle Reaktionen, wobei allerdings der langfristige strategische Weitblick nicht verloren gehen darf. Veränderte Rahmenbedingungen Auch Martin Vörös, CIO der VBV Betriebliche Altersvorsorge AG, teilt diese Ansicht: „Wir leben in einer sehr volatilen Welt“, erklärte er. „Business as usual gibt es nicht mehr. Man muss laufend agil sein und sich auf Neuerungen einstellen.“ Es gibt die Notwendigkeit, agil und flexibel zu handeln. Das ist schon deshalb essenziell, da Finanzkrisen, die früher als „Jahrhun- dertereignisse“ galten, inzwischen alle paar Jahre auftreten. Die Antwort auf die Frage, ob es sich in einer Situation rasch verändernder Rahmenbedingungen um eine Krise oder eine 7

großen Teil in der CFO-Rolle.“ In diesem Kontext sind gute Abstimmung und Ko- operation zwischen CFO und CEO unab- dingbar. „Nur wenn es volles Vertrauen zwischen CEO und CFO gibt, funktioniert die Zusammenarbeit“, so Waldner. Das sieht auch Petra Preining so: „Es gilt, diese Verschränkung bestmöglich in den Griff zu bekommen und gleichzeitig nach vorne zu arbeiten.“ KI und ESG: beides gekommen, um zu bleiben Preining verwies zudem auf die Notwen- digkeit, im Zeitalter der Digitalisierung neue Technologien wie Künstliche Intel- ligenz (KI) zu nutzen, ohne dabei die Risi- ken zu unterschätzen: „Man muss mutige Menschen haben, die die Themen auf den Tisch bringen, auch wenn es manch- mal unangenehm ist.“ Unangenehm zum Beispiel, weil in der Arbeit mit KI andere Kompetenzen und daher zum Teil auch anderes Personal gefragt sind. Dass KI ein zweischneidiges Schwert ist, unterstreicht auch Martin Vörös: „Einer- seits gibt es natürlich Rationalisierungs- möglichkeiten, gerade jetzt mit dem Thema von Kategorisierungssoftware, wo ich Anfragen zum Beispiel automati- sierter beantworten kann, als ich es frü- her konnte.“ Dies gilt jedoch eher für we- niger komplexe Sachverhalte und darum ist KI für ihn eine wertvolle Unterstüt- zung, die den Menschen jedoch nie er- setzen kann: „Die hoch qualifizierten Tä- tigkeiten, die werden jedenfalls bleiben und da wird es sicherlich die Möglichkeit geben, jetzt KI unterstützend zur Quali- tätssteigerung einzusetzen.“ Doch nicht nur die Digitalisierung, son- dern auch die Themen Nachhaltigkeit bzw. ESG stehen ganz oben auf der Agenda der CFOs. „ESG ist gekommen, um zu bleiben“, stellte Manuela Waldner klar. Sie erwartet, dass ESG-Finanzie- rungen in Zukunft eine noch größere Rolle spielen werden und dass Investitio- nen in nachhaltige Projekte für Investo- ren zunehmend attraktiver würden. Nicht zuletzt profitiert ihr eigenes Un- ternehmen, die ÖBB, enorm von Nach- haltigkeit und Mobilitätswende: „Die Ka- pazität auf der Schiene soll bis 2040 ver- doppelt werden. Dafür sind in den nächsten fünf Jahren 21 Milliarden Euro Im Zentrum der Diskussion standen die Anpassungen, denen sich CFOs in Zeiten des Wandels und neuer Her ausforderungen gegenübersehen. (Photo Credit: Harald Steiner) Herausforderung handelt, liegt dann häufig auch im Auge des Betrachters. Manuel Molnar, Vorstandsdirektor der Sparkasse Oberösterreich, kann den vielen aktuellen Problemstellungen durchaus auch etwas Positives abgewinnen: „Also das Bündel an Kompetenz, das man im Haus vorhalten muss, ist dementsprechend größer gewor- den, komplexer, macht aber daher auch mehr Spaß.“ In diesem Zusammenhang ist es für Molnar allerdings auch wichtig, die finanzielle Gesundheit der Unternehmen nicht aus den Augen zu verlieren und durchaus auch kritisch zu hinterfragen: „Wir wollen mit unseren Kunden eine hohe Transparenz schaffen, ihnen zeigen, wie wir sie einschätzen und Benchmarks gegenüberstellen.“ Besonders in Zeiten zunehmender wirtschaftlicher Komplexität sei es wichtig, als Sparringspartner der Unternehmen zu agieren und ein tiefes Verständnis für deren Geschäftsmodelle zu entwickeln. „Es wird immer wichtiger, gut miteinander durch wirtschaftlich turbulente Zeiten zu gehen“, betonte Molnar. Dass es sich bei Finanzierungsfragen lohnen kann, auch mal „outside the box“ zu denken, unterstrich Hans Unterdorfer, Vorstand Firmenkunden der Erste Bank: „Wir helfen unseren Kunden auch - und das ist unser Anspruch auch im Know-how - ein- mal ums Eck zu denken und da zu sagen: Was gibt es denn noch an zusätzlichen Fi- nanzierungsmöglichkeiten?“ Die Rolle des CFO neu formuliert Angesichts der Vielzahl an Herausforderungen und sich verändernden Anforderun- gen ist für Michael Juen, Partner und Geschäftsführer bei Schwabe Ley & Greiner, klar, dass sich auch die Rolle des CFO wandelt. Dieser sei längst nicht mehr nur der „Zahlenmensch“ im Unternehmen, sondern in strategische Entscheidungen stark in- volviert. „Es geht darum, die Liquidität langfristig sicherzustellen und strategische Entscheidungen zu treffen, die dem Unternehmen helfen, Krisen zu überstehen.“ Da- bei hob er hervor, dass die Zusammenarbeit zwischen CEO und CFO von entschei- dender Bedeutung sei: „Es muss einen Lotsen und einen Navigator im Unternehmen geben – eine Zusammenarbeit wie zwischen Dr. Watson und Sherlock Holmes.“ Die veränderte Position des CFO erfordert nicht nur tiefes Finanzwissen, sondern auch Führungsstärke, erklärte Manuela Waldner, CFO der ÖBB Holding AG. Sie veran- schaulichte das anhand eines Beispiels: „Unsere Planungen für die Beschaffung von Fahrzeugen im Rahmen von sechs Milliarden Euro beeinflussen direkt den Business- plan und die langfristigen Finanzierungen. Solche Entscheidungen liegen zu einem 8

in Infrastruktur und sechs Milliarden Euro in Fahrzeuge zu in- vestieren.“ Unternehmen, die weniger ESG-konforme Geschäftsmodelle haben, kommen natürlich stärker unter Druck. Martin Vörös ist der Ansicht, dass da noch viel auf Unternehmen und CFOs im Speziellen zukommt. Aktuell fokussiert sich die ESG-Regulato- rik auf das „E“, also Environment und das ganz speziell auf den Bereich Dekarbonisierung. „Ich bin mir sicher, dass von der EU dann parallel zur Taxonomie, die wir jetzt auf der E-Seite se- hen, auch bald etwas zur S-Seite und auch zur G-Seite kom- men wird.“ Das wiederum wird ein Kostenfaktor, vor allem, was die Frage der Datenerhebung, des Reportings und des geeig- neten Personals betrifft. Eine dynamische Zukunft für CFOs Die Diskussion machte deutlich, dass die CFOs der Zukunft nicht nur auf solide Finanzen zu achten haben, sondern auch bereit sein müssen, neue Wege zu gehen, um den vielfältigen Herausforderungen gerecht zu werden. Volatilität, Digitalisie- rung und Nachhaltigkeit werden die kommenden Jahre prä- gen, und Finanzvorstände müssen ihre Rolle als strategische Partner in den Unternehmen weiter stärken. Oder wie Michael Juen es treffend formulierte: „Mut ist gefragt, neue Wege zu gehen und visionäre Lösungen zu entwickeln.“ Ihr Unternehmen stellt sich der Zukunft. Ihre Bank auch? Setzen Sie Ihre Ideen in die Tat um. Mit der passenden Finanzierung. Für Manuela Waldner, CFO der ÖBB Holding AG, ist ESG ein Thema, das bleiben wird, auch hinsichtlich Investitionen und Finanzierungen. (Photo Credit: Harald Steiner) R e d e n w i r d a r ü b e r. 9

„Unser wichtigstes Ziel ist die finanzielle Gesundheit der Unternehmen." Die Rahmenbedingungen für Investitionen wer den wieder freundlicher. Das sind gute Nach richten für die Unternehmen, die Marktchancen besser adressieren können, und die gesamte Volkswirtschaft, die von steigenden Investiti onsaktivitäten profitiert. Erste Bank und Sparkasse waren zum zweiten Mal Platin-Spon- sor der Treasury & Finance Convention. Welche Bedeutung hat diese Veranstaltung für die österreichische Finanzszene? Der Austausch von Erfahrungen und Wissen ist sowohl auf persönlicher wie unternehmerischer Ebene enorm hilfreich. Neben internationalen Angeboten ist es auch wichtig, lokale Veranstaltungen zu haben, die die Vernetzung der heimischen Unternehmen fördern. Die Treasury & Finance Convention hat gezeigt, dass sie das Potential hat, ein echter Branchentreff zu werden. Wir sehen darin ein hohes Potential für unsere Kund:innen und waren sehr gerne mit dabei. Sie waren am Panel des CFO-Talk und haben die Notwendigkeit stärkerer Kapitalmärkte angesprochen. Warum engagiert sich Erste Bank und Sparkasse in diesem Bereich? Gut entwickelte Kapitalmärkte sind für funktionierende Wirt- schaftsräume sehr wichtig. Sie schaffen ein Umfeld, das un- ternehmerisches Handeln, Transparenz und Innovation fördert. Sie erleichtern den Zugang zu Kapital und tragen zu einem op- timalen Finanzierungsmix bei. Das alles ist sehr wichtig, denn unsere Wirtschaft steht vor zwei sehr großen Herausforderungen: der grüne Wandel der Wirt- schaft und die Digitalisierung. Beide Themen bieten viele Chan- cen, erfordern aber oft auch große Investitionen. Gerade in Hin- blick auf die grüne Transformation braucht es starke Kapital- märkte, denn die erforderlichen Beträge – denken wir an die Inf- rastruktur - können nicht ausschließlich durch Bankfinanzierun- gen bereitgestellt werden. Starke Kapitalmärkte bieten zudem Privaten wie Unternehmen die Möglichkeit zu investieren. Die Erste Group ist ein verlässlicher und erfahrener Partner für Unternehmen, die Zugang zu den Kapitalmärkten wünschen. Als eine der führenden Emissionsbanken in CEE und Europa sind wir breit aufgestellt und können hier sehr gezielt unterstützen. Welche Schwerpunkte setzt Erste Bank und Sparkasse 2024, um Unternehmen bei aktuellen finanziellen und wirtschaftli- chen Herausforderungen zu unterstützen? Unsere wichtigste Leitlinie ist und bleibt die finanzielle Ge- sundheit der Unternehmen und der Unternehmer:innen selbst. 10 Hans Unterdorfer, Firmenkundenbetreuer der Erste Bank, sieht für die nächsten Monate ein freundlicheres Wirtschaftsklima voraus. Die vergangenen Jahre waren von vielen Herausforderungen geprägt und haben den Menschen viel abverlangt. Es hat sich erneut gezeigt, wie wichtig eine solide Finanzbasis ist. Des- halb ist es unser vorrangiges Ziel, Unternehmen dabei zu un- terstützen, diese aufzubauen. Neben einer höheren Resilienz schafft finanzielle Gesundheit auch mehr unternehmerischen Handlungsspielraum. Hier sind Lösungen wie Working Capital Finanzierung über Factoring, OeKB Angebote, Trade Finance Möglichkeiten oder Versiche- rungslösungen wichtige Bausteine. Das ist gerade in Hinblick auf die Chancen entscheidend, die die Themen Ökologisierung und Digitalisierung bieten. Hier zum richtigen Zeitpunkt inves- tieren zu können, schafft klare Vorteile für die Zukunft. Welche Entwicklungen erwarten Sie für die kommenden Monate? Die Wirtschaft zieht nun wieder leicht an und auch die Exporte nehmen wieder zu, was für den Wirtschaftsstandort Österreich enorm wichtig ist. Gemeinsam mit den Zinssenkungen der EZB im Juni und September sowie möglichen weiteren Zinssenkun- gen in diesem Jahr ergibt sich ein freundlicheres Wirtschafts- klima auch in Hinblick auf Investitionen. Wir selbst sehen be- reits wieder wachsendes Interesse der Unternehmen zu inves- tieren. Das sind sehr positive Nachrichten, denn von Investiti- onsaktivitäten profitiert die gesamte Volkswirtschaft. Als verlässlicher Partner auf Augenhöhe unterstützen wir Un- ternehmen bei der Umsetzung ihrer Projekte mit unserem brei- ten Know-how und unserem umfassenden Angebot an Finanz- produkten und -services. Ein wesentlicher Punkt dabei sind Förderungen, denn sie sollten in keinem Finanzierungsmix feh- len. Hier gibt es in Österreich ein breites Angebot und die Erste Bank und Sparkassen unterstützen natürlich auch hier, um die passende Lösung für das jeweilige Unternehmen zu finden.

Cash-Management Zwischen Mensch und Maschine Das Cash-Management steht vor einem entscheidenden Wendepunkt. Die Frage, wie stark Ma schinen und Künstliche Intelligenz (KI) in diesen Bereich eingreifen, wurde auf der Treasury & Finance Convention lebhaft diskutiert. Die Teilnehmer an der Diskussion v.l.n.r.: Alexander Fleischmann, Wolfgang Haunold, Gregor Hochreiter, Moderatorin Mariella Gittler, Peter Mitterer, Wilhelm Remler und Gudrun Schmid (Photo Credit: Harald Steiner) Mariella Gittler, die Moderatorin der Diskussion, stellte zu Be- ginn eine zentrale Frage: „Wie viel Mensch braucht es in Zu- kunft noch im Cash-Management, und wie viel Maschine gibt es schon?" Der zunehmende Einsatz von Automatisierungs- technologien ist drauf und dran, hier viele Arbeitsbereiche zu revolutionieren. Management- und Bankensystemen immer wichtiger werden. Diese Schnittstellen ermöglichen es, Zahlungen schneller und sicherer durchzuführen, ohne dass manuelle Eingriffe notwen- dig sind. Zudem erhöhen sie die Sicherheit, da die Gefahr von Manipulationen durch Dateien, die offline bearbeitet werden, minimiert wird. Alexander Fleischmann, Market Development Executive bei Nomentia, berichtete aus seiner Erfahrung mit Kunden, dass die Automatisierung im Cash-Management bereits fortge- schritten ist, vor allem im Bereich der Liquiditätsplanung. Un- ternehmen versuchen, manuelle Prozesse durch moderne Technologien zu ersetzen, die auf neuronalen Netzen und an- deren Modellierungsmethoden basieren. Dies ermöglicht es, genaue Vorhersagen zu Ein- und Auszahlungen zu treffen. Ein Vorzeigeprojekt, das Fleischmann vorstellte, ist die Zusam- menarbeit mit dem Finanzministerium Finnlands. „Dabei wer- den mit KI die Steuereinnahmen des Landes vorhergesagt.“ Diese Anwendung zeige eindrucksvoll, wie stabil und zuverläs- sig solche Systeme bereits heute arbeiten. Standardisierung und Systeme Auch Peter Mitterer, Group Treasurer bei der Benteler Group, be- stätigte den Fortschritt in der Automatisierung. Benteler hat be- reits ein einheitliches Treasury-Management-System im Einsatz, um den Zahlungsverkehr effizient zu zentralisieren und standar- disieren. „Unser Ziel ist es, alle elektronischen Banking-Systeme zu eliminieren und den Zahlungsverkehr vollständig über das Treasury-Management-System abzuwickeln“, erklärte er. Doch trotz aller Fortschritte gibt es weiterhin Herausforderungen. Vor allem die Vielzahl von Bankbeziehungen, die gepflegt werden müssen, erschwert die Standardisierung. Nicht alle Banken sind technologisch auf dem neuesten Stand, was die Einführung von APIs oder Echtzeitzahlungen verzögern kann. Real-Time Treasury und API-Schnittstellen Zunehmend wichtiger werden in diesem Kontext Echtzeitin- formationen. Der Begriff „Real-Time Cash Visibility“ bezeichnet etwa das Wissen, welcher Betrag, genau in dieser Minute, auf einem Konto liegt. Insbesondere für Unternehmen, die große Geldmengen verwalten, ist es von großer Bedeutung, jederzeit präzise Informationen über ihre Finanzlage zu haben. Wilhelm Remler, Head of Cash-Management der Immofinanz AG, sieht auch die Etablierung einheitlicher Systeme in globa- len Unternehmen als zentrale Herausforderung. „Wir arbeiten derzeit an der Integration verschiedener Systeme und Abläufe, die durch Firmenfusionen entstanden sind“, hielt er fest. Dies sei ein langwieriger Prozess, der jedoch notwendig sei, um langfristig effizient arbeiten zu können. Diskutiert wurde auch die Rolle von APIs (Application Program- ming Interfaces), die für die Verbindung zwischen Treasury- Die Experten waren sich einig, dass der Mensch im Cash-Ma- nagement dennoch weiterhin unverzichtbar bleibt. Gudrun 11

Schwierig sieht es allerdings mit der Ak- zeptanz in der Bevölkerung aus, wie der Ökonom Gregor Hochreiter anmerkte: „Es besteht eine gewisse Skepsis gegen- über neuen Zahlungsmitteln, und das Vertrauen in den Euro ist in manchen Ländern, auch in Österreich, nicht sehr hoch.“ Eine breite Diskussion über die Vorteile und den Nutzen des Digitalen Euro sei daher notwendig. Symbiose zwischen Mensch und Maschine Die Diskussion zeigte deutlich, dass das Cash-Management vor tiefgreifenden Veränderungen steht. Automatisierung und KI werden zunehmend integriert, doch der Mensch bleibt nach wie vor der entscheidende Faktor. Wie Gudrun Schmid treffend formulierte: „Es wird immer jemanden brauchen, der die Pro- zesse steuert und das große Ganze im Blick behält." Die Zukunft des Cash-Ma- nagements wird daher wohl eine Symbi- ose aus Mensch und Maschine sein - in- klusiv spannender Herausforderungen und Chancen. Der Group Treasurer der Benteler Group, Peter Mitterer (Mitte), berichtete, dass das Unternehmen den Zah lungsverkehr zukünftig vollständig über sein Treasury-Management-System abwickeln möchte. (Photo Credit: Harald Steiner) Schmid, Partnerin bei Schwabe Ley und Greiner, hob hervor, dass allerdings die technische Affinität der Mitarbeiter immer wichtiger werde: „Wir brauchen Men- schen, die nicht nur das Fachliche verstehen, sondern auch die Technik dahinter.“ Diese Kombination sei entscheidend, um die neuen Technologien erfolgreich in die Arbeitsabläufe zu integrieren. Besonders im Bereich der Robotics sieht sie Potenzi- al. „Robotics kann dabei helfen, Daten aus verschiedenen Systemen schneller zusam- menzuführen, aber das Verständnis der dahinterliegenden Prozesse bleibt eine menschliche Aufgabe." Unabhängigkeit durch den Digitalen Euro Ebenfalls diskutiert wurde die geplante Implementierung eines Digitalen Euros. Wolf- gang Haunold, Abteilungsleiter des Referats Zahlungsverkehrsstrategie bei der Öster- reichischen Nationalbank, betonte, dass dessen Einführung vor allem die europäische Souveränität im Zahlungsverkehr sichern soll. „Viele Zahlungsprozesse laufen heute über ausländische Anbieter. Der Digitale Euro könnte uns hier unabhängig machen.“ 12 Wir mit unseren Kunden!gewinnenDrägerwerkAG & Co. KGaABiontechSEMerck KGaACompuGroup Medical SE & COwww.nomentia.com

Podiumsdiskussion Finanzierungsstrategien Stabile Strategie und flexibel im Detail Moderatorin Mariella Gittler (Mitte) im Gespräch mit (v.l.n.r.) Rainer Stelzer, Daniel Rath, Florian Heindl, Harald Gindl, Hannes Moser und Dr. Edith Leitner. (Photo Credit: Harald Steiner) Ein unsicheres ökonomisches Umfeld ist kein geeigneter Nährboden für reibungslose Unterneh mensfinanzierung. Diese wird dann zur Herausforderung, speziell, wenn geopolitische Span nungen und Transformationsprozesse zur Flexibilität zwingen. In seiner Eröffnung der Diskussion ging Rainer Stelzer, Vor- standsmitglied der Raiffeisen Landesbank Steiermark, auf die aktuelle Zinsentwicklung ein: „Die Nullzinspolitik ist seit Juni 2022 zu Ende.“ Gleichzeitig ist die Zinskurve aber immer noch invers, das heißt, Strukturbeiträge gibt es nicht. In Kombinati- on mit der stagnierenden Wirtschaft sind das keine besonders guten Rahmenbedingungen für das Kreditgeschäft – eine Her- ausforderung sowohl für Banken als auch für Unternehmen. Erschwerend hinzu kommen geopolitische Unsicherheiten, wie Daniel Rath, Head of Corporate Customers der Raiffeisen- bank International AG, betont. „Nicht nur Russland und Ukrai- ne, sondern auch der Nahe Osten ist ein Riesenthema.“ Die Spannungen und ihre Auswirkungen auf Lieferketten und Märkte belasten die Wirtschaft enorm. In dieser Hinsicht sind auch Beziehungen zu China sehr rele- vant. „Für uns bleibt die Abhängigkeit von China ein großes Thema. Wir schauen uns sehr genau an, welche Unternehmen nach China liefern oder Lieferungen von dort beziehen“, beton- te Rath. Was derzeit stabil erscheint, kann morgen – etwa durch eine Invasion Taiwans – aus den Fugen geraten. Herausforderung ESG Ein weiterer zentraler Diskussionspunkt war das Thema Nach- haltigkeit und die Bedeutung von ESG (Environment, Social, Governance) in der Finanzierung. Edith Leitner, Partnerin bei Schwabe, Ley & Greiner, hob hervor, wie wichtig es für Unter- nehmen sei, diese Nachhaltigkeitskriterien in ihre Finanzie- rungsstrategien zu integrieren. Sie wies darauf hin, dass dies nicht nur ein Trend sei, sondern langfristig erhebliche Auswir- kungen haben und auch so verstanden werde: „Die Unterneh- men beschäftigen sich jetzt viel detaillierter mit den Themen, viel detaillierter auch mit den Sustainable Finance Frame- works.“ Besonders in der Bauwirtschaft spielt ESG eine zentrale Rolle, merkte Harald Gindl, CFO der Swietelsky AG, an. „Wir sehen uns hier als Teil der Lösung. Die Bauwirtschaft trägt erheblich zu den CO2-Emissionen bei, daher müssen wir uns mit diesen Themen auseinandersetzen.“ Allerdings ist die Realität oft differenzierter. Florian Heindl, CFO der FACC AG, erläuterte, dass in vielen Gesprächen mit in- ternationalen Investoren Nachhaltigkeit zwar wichtig sei, aber nicht immer im Vordergrund stehe: „Ich war gestern in Zürich auf einer Roadshow, habe 18 Investoren getroffen, und keiner hat nach unserer Nachhaltigkeitsstrategie gefragt.“ Langfristige Finanzierungsstrategien Für Hannes Moser, CFO der Greiner AG, müssen Finanzierungs- strategien langfristig angelegt sein, um damit auch durch vola- tile Zeiten sicher steuern zu können. „Eine Finanzierungsstra- tegie ist nichts anderes als eine Unterstützung für die Ge- schäftsstrategie“, erklärte Moser. Er hob hervor, dass eine sol- che Strategie flexibel und robust sein muss, um auf sich verän- dernde Marktbedingungen reagieren zu können. Auch Florian Heindl bestätigte diese Herangehensweise: „Fi- nanzierung ist für mich nichts Kurzfristiges, sie muss langfris- 13

tig und stabil sein. Und die Bankpartner müssen auch in Kri- senzeiten zu uns stehen.“ Dass eine stabile Bankenpartner- schaft entscheidend für den langfristigen Erfolg ist, dazu be- stand am Podium Einigkeit. „In guten Zeiten ist es leicht, diver- se Banken an Bord zu haben, aber in Krisenzeiten zeigt sich, wie wichtig ein starkes Kernbankenkonsortium ist“, betonte Daniel Rath. Innovative und traditionelle Instrumente Hand in Hand Die Diskutanten waren sich wohl einig, dass unter den gegebe- nen Rahmenbedingungen kreative Ansätze in der Unterneh- mensfinanzierung erforderlich sind, es wurde allerdings auch betont, dass Althergebrachtes nicht aus den Augen verloren werden darf. Edith Leitner unterstrich die Wichtigkeit, Planun- gen aktuell zu halten und zu versuchen, mit unterschiedlichen Szenarien zu arbeiten. „Eben auch langfristiger zu werden und sich zu fragen, wie schaut eigentlich mein Geschäftsmodell in zehn Jahren aus?“, so Leitner. Daraus lassen sich dann auch Rückschlüsse auf geplante Investitionsmaßnahmen und deren Auswirkung auf die Zukunftsfitness ableiten. Für Florian Heindl bedeutet kreative Finanzierung, dass man sich nicht nur die gesamte Palette an Finanzierungsmöglich- keiten, die zur Verfügung steht, zu Gemüte führt, sondern sich auch die Frage stellt, welche Chancen die Innenfinanzierung bietet. „Das übersehen viele“, so Heindl. „Da geht es darum, sich Prozesse anzuschauen, vor allem Working Capital.“ Zusätzlich, betont Daniel Rath, solle man das klassische Hedging nicht aus den Augen verlieren, vor allem, wenn die Zinskurve nicht stabil ist. „Planungssicherheit durch Hedging ist ganz wesentlich.“ Er empfiehlt auch, Liquidität und Kapi- tal freizumachen, um für schwierige Zeiten gewappnet zu sein. Und in solchen befinden wir uns zweifellos, wobei Harald Gindl die Herausforderungen der letzten Jahre nicht als Dauerkrise bezeichnen möchte. Vielmehr sieht er eine Zeit des extremen Wandels. „Das ist fast wie vom Dampf zur Elektrizität. Und da meine ich nicht nur die KI. Da meine ich in Wahrheit die Auto- matisierung, da meine ich die Hilfe von Maschinen, um die Leute zu ersetzen, die durch den demografischen Wandel feh- len.“ In dieser Transformation befinden wir uns gerade. Das hört sich dramatisch an, aber, so Gindl, „es ist nicht so schlimm, es ist nur was zu tun.“ Die RAIFFEISEN BANKENGRUPPE ist Österreichs größte Bankengruppe und verfügt über das dichteste Bankstellen- Inserat netz mit mehr als 1600 Bankstellen. raiffeisen.at 14

Zukunft der Wirtschaftsmacht Europa „Es braucht Mut und eine klare Strategie!“ Martin Seiter, Christian Handl und Robert Machtlinger (v.l.n.r.) diskutierten mit Moderatorin Mariella Gittler über die wirtschaftliche Zukunft Eu- ropas. (Photo Credit: Harald Steiner) Europa steht vor enormen Herausforderungen. Steigende Energiekosten, ein Mangel an Fach kräften und zunehmende bürokratische Hürden machen dem Wirtschaftsstandort zu schaffen. Was muss getan werden, damit sich Europa wieder seiner Stärken besinnt und diese auch voll zur Entfaltung bringen kann? Es ist der zunehmende Preisdruck, der Christian Handl, CEO der Handl Tyrol Gruppe, Sorgen bereitet. Nicht nur in seiner Branche, der Lebensmittelproduktion, bestehen erhebliche Probleme: „Man spürt die Inflation, die Kosten steigen, und die Konsumenten versuchen, überall zu sparen.“ Diese Situation setzt der Wirtschaft zu. Das bestätigt auch Robert Machtlinger, CEO der FACC AG, ei- nem führenden Unternehmen in der Luft- und Raumfahrtin- dustrie. Die Situation ist seiner Meinung nach komplex: „Wir sind ein hundertprozentiges Exportunternehmen. Unsere Hauptkunden sind Airbus und Rolls-Royce, und 100 Prozent un- serer Innovationen gehen ins Ausland.“ In diesem Kontext sind die steigenden Personalkosten in Österreich eine Herausfor- derung. „In den letzten fünf Jahren sind die Lohnkosten um fast 30 Prozent gestiegen. Hätten wir unsere Produktionsstät- ten in Frankreich, wären die Kostensteigerungen nur halb so hoch.“ Diese Situation zwingt viele Unternehmen dazu, über Standorte außerhalb Österreichs oder überhaupt außerhalb Europas nachzudenken. Relativierend hielt Martin Seiter, Vorstandsdirektor der Ober- bank, jedoch fest, dass die wirtschaftliche Lage nicht so düs- ter ist, wie manchmal in den Medien dargestellt. „Die Stim- mung ist schlecht, aber die Fakten sind viel besser“, betonte er. Das Halbjahresergebnis seiner Bank sei das beste in der Unternehmensgeschichte, und es gebe nach wie vor ein star- kes Kreditwachstum. Besonders in den Bereichen Digitalisie- rung und Nachhaltigkeit würden die Unternehmen investieren, um auf steigende Kosten und den Fachkräftemangel zu reagie- ren. „Die Unternehmen investieren viel in die Transformation, weil die Personalkosten so stark gestiegen sind.“ Bürokratie, Geopolitik und notwendige Reformen In diese Kerbe schlägt auch Christian Handl: „Neue Produkte und Innovationen helfen uns, uns besser zu positionieren.“ Durch Automatisierung und moderne Prozesse könne die Effi- zienz gesteigert und der Kostendruck abgefedert werden. Er fügt allerdings auch ein großes „Aber“ hinzu: Die Bürokratie, so Handl, ist in Österreich ein großes Innovationshindernis: „Bei uns reden zu viele Leute mit. Wir haben unglaubliche behördli- che Hürden, die Investitionen verzögern oder verhindern.“ „Entbürokratisierung ist das Gebot der Stunde“, stimmte ihm auch Seiter zu. „Wir müssen die Prozesse vereinfachen, um Unternehmen das Investieren zu erleichtern.“ Zu sprechen kam die hochkarätige Runde auch auf zunehmen- de politische Spannungen. Für Robert Machtlinger stellen die- se eine reelle Gefahr dar: „In den Jahren nach dem Mauerfall herrschte Aufbruchsstimmung. Doch jetzt erleben wir eine Rückkehr zu geopolitischen Spannungen.“ Die Globalisierung, die in den 1990er und 2000er Jahren florierte, habe seit 2010 an Dynamik verloren. „Europa hat ein Problem, wenn es nicht gelingt, neue Märkte zu erschließen“, warnte der CEO von FACC. Vor allem die Investitionen in Technologie und Industrie- politik in den USA und China seien bedenklich. Hier entstünden Abhängigkeiten zu Lasten Europas. Einigkeit herrschte bei den Diskutanten, dass entschlossene Schritte notwendig sind, um die derzeitigen Probleme zu über- 18

winden. „Wir müssen uns auf unsere Stärken besinnen“, erklär- te Seiter. „Rechtssicherheit, Ausbildung und Forschung sind unsere Vorteile.“ Christian Handl stimmte mit einem Appell an die Politik zu: „Es gibt Regionen in Europa, in denen die Wirt- schaftspolitik aktiv unterstützt wird. In Italien etwa haben wir ein Projekt in Bari, bei dem uns die Politik aktiv geholfen hat, die behördlichen Hürden zu überwinden. So etwas bräuchten wir in ganz Europa.“ Robert Machtlinger forderte weiters eine europäische Indust- riepolitik, die Innovationen und Unabhängigkeit fördert: „Die USA investieren massiv in Technologieunabhängigkeit, um sich von China zu distanzieren. Europa ist weit davon entfernt, ähnliche Schritte zu unternehmen. Es braucht Mut und eine klare Strategie.“ Ein optimistischer Blick in die Zukunft Trotz der Herausforderungen sehen die Diskutanten auch Chancen für den Standort Europa. Die hohe Qualität der Aus- bildung und die Innovationskraft Europas bieten eine solide Basis für die Zukunft. Aus diesem Grund findet etwa bei FACC die gesamte Forschung und Entwicklung in Österreich statt. Auch Seiter zeigte sich optimistisch: „Wenn wir auf unsere Stärken setzen und die Wohlstandsfaulheit ablegen, können wir in Europa wieder erfolgreich sein.“ Es brauche jedoch eine klare Strategie, um Europas Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Die Podiumsdiskussion machte zwar deutlich, dass Europa ak- tuell vor großen Herausforderungen steht, aber auch über be- deutende Stärken verfügt. Rechtssicherheit, Bildung und Inno- vationskraft sind Schlüsselbereiche, in denen der Kontinent glänzen kann. Doch ohne mutige Reformen, die einer konsis- tenten Strategie für die Entwicklung des Standorts folgt, wird es schwierig sein, mit den USA und China Schritt zu halten. „Wenn wir nicht handeln, wird Europa zum Disneyland der Weltwirtschaft“, gab Robert Machtlinger zu bedenken. Doch mit der richtigen Mischung aus Innovation, Bürokratieabbau und Investitionen könnte Europa seine Position als wirtschaft- liche Macht wieder festigen. Martin Seiter, Vorstandsdirektor der Oberbank, sieht die „Entbürokratisierung“ als oberstes Gebot, um den Unternehmen Investitionen zu erleichtern. (Photo Credit: Harald Steiner) Dr. Franz Gasselsberger, MBA Generaldirektor Oberbank AG Anders, weil: unsere Unabhängigkeit von so vielen mitgetragen wird. Vor 40 Jahren, am 22. Juni 1984, wurde der Grundstein zur Unabhängigkeit der Oberbank gelegt. Gerade diese Unabhängigkeit ist seitdem Basis unseres Erfolgs. Sie macht uns schneller und flexibler – Gerade diese Unabhängigkeit ist seitdem Basis unseres Erfolgs. Sie macht uns schneller und flexibler – in der Region für die Region. Dafür wollen wir uns heute herzlich bei allen bedanken, die zu diesem Erfolg beigetragen haben: bei unseren Aktionär:innen, Kund:innen und Mitarbeiter:innen! oberbank.at/unabhaengigkeit 19

Mariella Gittler berichtete im Gespräch mit Christian Drastil von den Eindrücken, die sie als Moderation der TFC gewonnen hat. (Photo Credit: Harald Steiner) TFC Podcast Christian Drastil fängt die Stimmen der Finanzwelt ein. Auf der diesjährigen Treasury & Finance Convention wurde erstmals ein „Podcast Corner“ einge richtet. Dabei bat der renommierte Finanzexperte und Podcaster Christian Drastil Persönlich keiten aus der Finanzbranche vor das Mikrofon. Die einzelnen Interviews – mit zum Teil span nenden und durchaus überraschenden Fragen und Antworten – kann man auf Spotify nachhören. Dank des „Treasury & Finance Podcast“ gibt es die zentralen Aussagen der hochkarätigen Sprecher und Diskutanten auch zum Nachhören. Die Interviews wurden von Christian Drastil geführt, bekannt für seine langjährige Erfahrung im Finanz- journalismus und Gründer diverser Plattformen mit Konnex zum Finanzmarkt. Im Folgenden finden Sie eine kurze Zu- sammenfassung, was Sie in diesen Dialogen mit den führen- den Köpfen der Branche erwartet: Den Anfang der Podcast-Reihe machte Michael Juen, Mana- ging Director von Schwabe, Ley & Greiner und Gastgeber der diesjährigen Konferenz. Juen betonte die thematische Brei- te der Veranstaltung: „Von Cash-Management über Corpo- rate Finance bis hin zu Risiko-Management – in den 34 Work- shops und Plenardiskussionen ist für jeden etwas dabei.“ Da- mit hob er die Bedeutung der Convention als zentrale Platt- form für den fachlichen Austausch hervor. Im Talk mit Alexander Fleischmann, Market Development Exe- cutive bei Nomentia, stand die Zukunft technologischer Ent- wicklungen im Treasury im Vordergrund. „Von der ISO-Umstel- lung über künstliche Intelligenz bis hin zur Betrugsprävention – in unserer Podiumsdiskussion auf der Main Stage und im Best Practice Talk widmen wir uns den Themen von morgen“, er- klärte Fleischmann. Ein weiteres aufschlussreiches Gespräch führte Drastil mit Peter Mitterer, Group Treasurer der Benteler Group. Mitterer reflektierte die Veränderungen in der Zinslandschaft und de- ren Auswirkungen auf die strategischen Entscheidungen im 20

Treasury. Betont wurde dabei die Bedeutung von Vernetzung und Austausch mit anderen Führungskräften und Experten aus der Branche. Auch Mariella Gittler, Moderatorin der Treasury & Finance Con- vention und renommierte TV-Journalistin, teilte ihre Eindrü- cke von der Veranstaltung und der Keynote des Politologen Pe- ter Filzmaier mit Christian Drastil. Ihre Rolle als Moderatorin beschrieb sie als Schnittstelle zwischen den Referenten und dem Publikum. Mit Daniel Rath, Head of Corporate Customers bei der Raiffei- sen Bank International, wurden die Themen Unternehmensfi- nanzierung, ESG und Risiko-Management diskutiert. Rath un- terstrich die zunehmende Bedeutung nachhaltiger Geschäfts- strategien und die Verantwortung von Finanzinstituten, diesen Wandel zu unterstützen. Ein besonderer Höhepunkt war das Gespräch mit Florian Heindl, CFO der FACC, der über die Herausforderungen in der Luftfahrtindustrie und deren Einfluss auf die Treasury-Aufga- ben sprach. „Der Austausch mit Kollegen aus verschiedenen Branchen ist unschätzbar wertvoll und fördert den Blick über den eigenen Tellerrand“, betonte Heindl. Die fortschreitende Digitalisierung im Finanzbereich wurde auch im Gespräch mit Hannes Moser, CFO der Greiner AG, ins Zentrum gerückt. Moser thematisierte die Wichtigkeit von Transparenz und langfristiger Zusammenarbeit mit den eige- nen Hausbanken. Vertrauen und Offenheit, so Moser, sind in schwierigen Zeiten von entscheidender Bedeutung. Mit Martin Seiter, Vorstandsdirektor der Oberbank AG, sprach Drastil über das Firmenkundengeschäft und die wirtschaftli- che Lage in Österreich. Seiter wies auf die Stärken Europas hin: „Wir haben einen stabilen Rechtsstaat, gut ausgebildetes Personal und starke F&E-Leistungen – das sind unsere Chan- cen für die Zukunft.“ Ein spannendes Gespräch führte Drastil auch mit Manuela Waldner, CFO der ÖBB-Holding. Sie thematisierte die sich wandelnde Rolle des CFOs sowie die Herausforderungen grü- ner Finanzierungen. „Nachhaltige Investitionen müssen sich langfristig rechnen“, erklärte Waldner und hob damit die Balan- ce zwischen Ökonomie und Nachhaltigkeit hervor. Um Herausforderungen ging es auch im Talk mit Agnes Ne- hammer-Mang, Head of CTS Network Sales bei der Bank Aust- ria, und zwar im Bereich Corporate Treasury Services. Zudem unterstrich sie die Wichtigkeit von Netzwerkbildung in der heutigen Finanzwelt: „Ein starkes Netzwerk ist entscheidend, um Lösungen zu finden, die den Anforderungen unserer Kun- den gerecht werden.“ Weiters seien innovative Ansätze und der Austausch mit anderen Banken und Unternehmen laut Neham- mer-Mang essenziell, um den Kundenbedürfnissen gerecht zu werden. Im Gespräch mit Hans Unterdorfer, dem Firmenkundenvor- stand der Erste Bank Oesterreich, beleuchtete Drastil die aktu- ellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und warum Unternehmer:innen trotz vieler Herausforderungen positiv in die Zukunft blicken, wie die KMU-Studie von Erste Bank und Sparkasse zeigte. Unterdorfer: „Die Prognosen sehen für 2025 ein Wachstum vor und, für Österreich sehr wichtig, die Exporte werden kommendes Jahr steigen.“ Er betont auch die Bedeu- tung des Kapitalmarkts als Teil der Finanzmärkte und des Fi- nanzierungsmixes von Unternehmen sowie für die Stärkung der Wirtschaftsdynamik. Einblick in die Zukunft Der „Treasury & Finance Podcast“ war ohne Frage eine der spannenden Neuerungen der TFC24. Die Vielseitigkeit der Themen und fundierten Gespräche bieten den Zuhörern wert- volle Einblicke in die aktuellen Entwicklungen der Branche. Von technologischen Innovationen über ESG-Anforderungen bis hin zu Digitalisierung und Risiko-Management werden zen- trale Themen der Finanzwelt thematisiert. Christian Drastil schafft es in seinen Interviews nicht nur die fachliche Experti- se seiner Gesprächspartner herauszuarbeiten, sondern auch persönliche Einblicke in ihre Ansichten und Erfahrungen zu gewinnen. Überzeugen Sie sich selbst von der Qualität der Talks. Mit diesem QR-Code gelan- gen Sie zur Übersichtsseite des TFC Podcast. Manuela Waldner, CFO der ÖBB-Holding, sprach einerseits über neue Anforde rungen an das Profil eines Finanzvorstandes und über den Zusammenhang zwi schen Nachhaltigkeit und Rentabilität. (Photo Credit: Harald Steiner) 21

AusstellerRallye AusstellerRallye Von Stand zu Stand zum Von Stand zu Stand zum Schladminger Nachtslalom Schladminger Nachtslalom Zwei Fliegen mit einer Klappe bei der Aussteller-Rallye: Sticker in die Sammelpässe kleben, um am Gewinnspiel teilzunehmen und gleichzeitig auf entspannte Art und Weise mit den Ausstellern ins Gespräch kommen. (Photo Credit: Harald Steiner) Als Veranstalter der Treasury & Finance Convention (TFC) haben wir den Anspruch, unseren Be suchern jedes Jahr neue Impulse und Ideen zu präsentieren. Daher wird das Veranstaltungsformat permanent weiterentwickelt. In diesem Jahr neu am Programm: die „Aussteller-Rallye“. mit exklusiven Zutritten während des Events verbunden ist. Darüber hinaus umfasste das Gewinnpaket einen dreitägigen Hotelaufenthalt und zwei Ski Amade Tageskarten. Der Gewin- ner des zweiten Preises durfte sich über zwei Nightrace-Ti- ckets samt „Yellow Card“ freuen, und der dritte Platz wurde mit zwei Ski Amade Tageskarten bedacht. Insgesamt war die Resonanz auf die Aussteller-Rallye durch- wegs positiv. Bei der TFC25 vom 10. bis 12. September wird diese daher wieder fester Bestandteil des Programms sein. Darauf freuen wir uns im kommenden Jahr in Schladming! Kombiniert wurde die Rallye mit einer Umfrage zu Finanzierungs- lösungen, durchgeführt vom Supply Chain Finance Provider Orbian. Dabei gaben 40,7 Prozent der Teilnehmer an, dass sie bereits eine Lösung zur Finanzierung ihrer Verbindlichkeiten verwenden (z.B. Supply Chain Finance oder Payment with Terms). 55,6 Prozent ha- ben so etwas noch nicht implementiert und der Rest „prüft Optio- nen“. Etwa 15 Prozent der Befragten planen im kommenden Jahr diesbezügliche Änderungen oder Erweiterungen. Rund 56 Prozent tun das nicht und ca. 30 Prozent sind noch unentschlossen. Das neue interaktive Element ermöglichte es den knapp 440 Teilnehmern, auf systematische und unterhaltsame Weise mit den Ausstellern in Kontakt zu treten. Durch das Lösen von Auf- gaben an verschiedenen Ständen konnten wertvolle Informati- onen gesammelt werden. Gleichzeitig wurde ein persönlicher Sammelpass befüllt, der – vollständig ausgefüllt – für die Teil- nahme an einer Verlosung hochwertiger Preise qualifizierte. Beantwortet und gelöst werden mussten Wissensfragen und interaktiven Aufgaben. Dabei standen sowohl die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Produkten der Aussteller als auch Kreativität und Problemlösungsfähigkeiten im Mittelpunkt. Der „Gamification-Charakter“ der Rallye bot den Ausstellern ei- nerseits die Möglichkeit, mit den Besuchern auf eine weniger förmliche Art und Weise in Kontakt zu treten und andererseits ihre Produkte auf eine ansprechendere, direktere Weise zu präsentieren. Gleichzeitig konnten die Teilnehmer ihr Fachwis- sen vertiefen und neue Kontakte knüpfen. Insgesamt wurde die Einführung der Aussteller-Rallye sehr gut aufgenommen. Sie fügte der Treasury & Finance Convention 2024 eine neue, dynamische Komponente hinzu und trug dazu bei, das Kon- gresserlebnis sowohl für die Besucher als auch die Aussteller zu bereichern. Sehen lassen konnte sich der Hauptgewinn, der bei der #glau- bandich Austrian Night verlost wurde: zwei Tickets für den Slalom-Nightrace in Schladming inklusive VIP Blue Card, die 22

T R E A S U R Y- A U S B I L D U N G B E I M M A R K T F Ü H R E R TRSRY? TREASURY AUSBILDUNG? Die übernehmen wir für Sie! W A R U M S I E A U F S LG S E TZ E N S O L LT E N : WIR HABEN DIE ERFAHRUNG – mit Experten, die durch jahrelange Beratungskompetenz und tiefes Fachwissen das Finanzwesen kennen. WIR VERMITTELN AKTUALITÄT – mit einem Katalog, der neueste Trends und Entwicklungen lehrt, damit Sie innovativ sein können. WIR LEBEN DIE PRAXIS – mit anwendbaren Fähigkeiten, sodass Ihre Mitarbeiter ihr neu erlerntes Wissen direkt in der täglichen Arbeit einsetzen können. W E R W I R S I N D : Schwabe, Ley & Greiner ist Ihr führender Partner für Aus- und Weiterbildung im Treasury-Management. Ob in unsiche- ren Zeiten oder in stabilen Fahrwassern: gut ausgebildete Mitarbeiter und innovative Ideen sind entscheidend, um nachhaltigen Erfolg sicherzustellen. Unser maßgeschneidertes Weiterbildungsprogramm vermittelt praxisorientierte Fähigkeiten und aktuelle Lernhalte, damit Ihr Team sein volles Potenzial entfalten und neue Impulse setzen kann. W A S W I R B I E T E N GRUNDAUSBILDUNG FÜR NEUE WEITERBILDUNGEN FÜR ENGLISCHSPRACHIGE ONLINE- TEAMMITGLIEDER SPEZIALISTEN TRAININGS WELTWEIT Der Lehrgang „Grundlagen des Treasury- Managements“ umfasst drei wesentliche Module: Cash-Management, Corporate Finance und Risiko-Management. Diese bieten neuen Teammitgliedern eine umfassende Einführung und bereiten sie optimal auf ihre Aufgaben vor. Wir bieten eine breite Palette an Seminaren und Lehrgängen an, um bestehendes Wissen zu vertiefen. Dazu gehören der Spezialisten-Lehrgang „Treasury-Express“, „KI im Treasury,” „Sicherheit im Zahlungsverkehr” und vieles mehr. Wir bieten den „Einsteiger-Lehrgang: Treasury-Kick-Off“ und diverse Seminare wie „Liquidity Planning“ auch auf Englisch an. Diese Online-Trainings sind weltweit verfügbar und stellen sicher, dass Ihre Teams internationalen Standards entsprechen und jederzeit top informiert sind. K O N TA K T +43 1 585 48 30 info@slg.co.at www.slg.co.at